Mit Traditionspflege für den Ahnherrn des Hauses startet das Berliner Ensemble in die neue Spielzeit: der regieführende Intendant Oliver Reese stellte gemeinsam mit Adam Benzwi, der bei zahlreichen Hits von Barrie Kosky an der Komischen Oper für die musikalische Leitung zuständig war, und seinem Dramaturgen Lucien Strauch eine Collage zusammen.
Viele Songs, die Hanns Eisler vertonte, Lyrik und Gedanken aus Brechts Arbeitsjournalen reiht dieser knapp zweistündige Abend in Brechts Stammhaus am Schiffbauerdamm aneinander. Die Texte spricht vor allem Paul Herwig, seit einem Jahr am BE engagiert, die Lieder singt meist Katharine Mehrling: auf Berliner Bühnen ist sie seit vielen Jahren ein Publikumsliebling, tritt vor allem mit Konzert-Programmen in der familiären Bar jeder Vernunft auf, war aber auch der Komischen Oper während der Kosky-Intendanz sehr eng verbunden.
In „Fremder als der Mond“ ist Mehrlings tolle Stimme, begleitet von drei Live-Musikern unter Benzwis Leitung, erstmals am BE zu erleben. Ihre zweite große Stärke, der Flirt mit dem Publikum bei eleganten Überleitungen, kommt an diesem Abend leider nicht zur Geltung: Nummer reiht sich an Nummer, nichts soll von Brecht ablenken. Mehrling/Herwig tragen meist eine Kluft, die an Brechts Arbeitskittel erinnert, ab und zu wirft sich Mehrling in elegantere Abendrobe oder für ein Fragment aus Mutter Courage in den ärmlichen Look der Marketenderin. Im Hintergrund flimmern Andreas Deinerts Video-Einspieler, die Brechts Lebensstationen wie z.B. sein Exil in Kalifornien oder die Arbeit an seiner Schreibmaschine assoziativ bebildern.
Die Collage „Fremder als der Mond“ ist vor allem für Brechtianer: zwei Stunden lang werden die Texte des Meisters aus verschiedenen Schaffensphasen präsentiert, handwerklich schnörkellos, ohne überraschende künstlerische Momente.
Bild: JR Berliner Ensemble