All adventurous women do

Vor einem Jahrzehnt ging ein ungewöhnlicher Fall durch die Weltpresse: sieben Teenagerinnen aus Bosnien-Herzegowina kamen angeblich schwanger von einer Klassenfahrt nach Hause. Vieles bleibt im Dunkeln, ob diese Story wirklich wahr ist oder nur eine weitere Fake News in den Kulturkämpfen sei dahingestellt.

Tanja Šljivar machte daraus ein Stück, in dem sie die 13jährigen Mädchen selbst zu Wort kommen ließ: „All adventurous women do“ besteht aus kurzen Monologen und Szenen, in denen sie über ihre jugendliche Euphorie berichten, mit der sie sich ins Abenteuer Schwangerschaft stürzen, und über die harschen Reaktionen von Ärzten, Eltern und der konservativen Gesellschaftsmehrheit.

2018 kam dieses Stück zur Uraufführung: Draufgängerinnen war ein toller, kleiner Abend in der Box des Deutschen Theaters Berlin, der leider längst nicht mehr im Repertoire ist. Salome Dastmalchi und Niloufar Shahisavandi entwickelten mitreißende Choreographien mit den Spieler*innen des Jungen DT, die nur wenige Jahre älter waren als ihre Figuren: eines der Highlights in der Jugendsparte, die Birgit Lengers lange verantwortete.

Das Stück wurde von USA bis Italien nachgespielt und kam gestern nach Berlin zurück, als einmaliges Gastspiel des Belgrader Theaters Atelje 212, das zu sozialistischen Zeiten mit einem mutigen Spielplan und Samuel Beckett aneckte, im Rahmen des Herbstsalons „LOST – YOU GO SLAVIA“ : Selma Spahić  erzählt die Geschichte der sieben Teenagerinnen in Kao i sve slobodne djevojke (All Adventurous Women Do) mit einem erwachsenen Ensemble, gemischt aus Männern und Frauen, laut Info des Dramaturgen in der Einführung einige aus der Generation 50+, nur eine Spielerin ist 17.

Auch sonst ist das Setting anders als bei der DT-Aufführung: sie beginnen frontal aufgereiht an Mikros an der Rampe. Der sehr textlastige Abend (bosnisch, kroatisch, serbisch mit englischen Übersetzungen links und rechts der Bühne) ist aber auch danach weniger spielerisch als die Uraufführungs-Fassung.

Einen besonders unangenehmen Auftritt leistete sich die Zuschauerin in der Reihe hinter mir, die mit voller Wucht und ausgestrecktem Bein gegen die Sitzlehne donnerte. Es ist schon befremdlich, mit welcher rücksichtslos-rüpelhaften „Mir gehört die Welt“-Einstellung sich toxische Täterinnen (ja, wie im Theater Thikwa war es auch hier eine Täterin) in den Berliner Theatern breitmachen und das ausgerechnet bei Stückentwicklungen und an Häusern, die sich Empathie und ein solidarisches Miteinander auf die Fahnen geschrieben haben.

Bild: Bosko Djordjevic

 

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