Geballte Volksbühnen-Prominenz versammelte sich heute, um einen autofiktionalen Roman eines Theater-Shootingstars der späten 2010er Jahre vorzustellen. Olga Bach wurde mit „Die Vernichtung“ bekannt, einer inhaltlich etwas dünnen Beschreibung der narzisstischen Generation Berghain, die sich in Drogentrips und Sexorgien stürzt, ohne ihrer inneren Leere entfliehen zu können. Ein anderer Shootingstar jener Jahre brachte den Text bildstark auf die Bühne. Es folgten weitere Zusammenarbeiten des Duos für Matthias Lilienthals Münchner Kammerspiele („Das Erbe“ und „Doktor Alici“).
Die beiden kennen sich schon seit Jugendtagen. Den gemeinsamen Marsch durch die Institutionen beschreibt Olga Bach in ihrem autofiktionalen Schlüsselroman „Kinder der Stadt“, der im Spätsommer bei Kiepenheuer & Witsch erschien.
Das Quartett Kathrin Angerer, Inga Busch, Benny Claessens und Lilith Stangenberg sowie die Autorin halten sich nicht lange mit Einführungen auf. Vor jedem Kapitelchen gibt es eine knappe Vorbemerkung von Bach, in welchem Jahr die Handlung spielt, dann lesen alle reihum eine Passage vor.
Stilistisch wirkt der Roman nach dem ersten Eindruck nicht sehr aufregend und blieb abgesehen vom Theater-Fachmagazin Nachtkritik auch noch unter dem Radar der Feuilletons. Auffällig ist allerdings, in welch schlechtem Licht die Irina (Bachs Alter ego) den Orhan, hinter dem sich offenkundig Mondtag verbirgt, erscheinen lässt. Von einem zunehmend erfolglosen, sich in manierierten Wiederholungen erschöpfenden, in Geld- und Drogenproblemen steckenden Regisseur ist in den kurzen Ausschnitten, die bei dieser Theater-Lesung vorgetragen werden, die Rede.
Musikalisch wird das Ganze von Tristan Bruschs Songs über verflossene Liebe und Abschiedsschmerz untermalt. Er stellte sich dem Berliner Theaterpublikum vor kurzem als Musiker in der Woyzeck-Inszenierung des BE vor. Regie führte: genau, Ersan Mondtag!
Er und engste Weggefährten waren natürlich auch bei dieser Lesung zu Gast. Gilt hier wie so oft: Was sich liebt, das neckt sich? Oder was steckt hinter den autofiktionalen Sticheleien?
Cover-Bild: Kiepenheuer & Witsch