Drei Trümpfe hat diese Roman-Adaption am Gorki Theater zu bieten: Via Jikeli, frisch von der HfS Ernst Busch, gibt ein starkes Debüt in der Hauptrolle des ewigen Duckmäusers Diederich Heßling, der nach oben buckelt und nach unten tritt. Mit einem feisten Bauch ausstaffiert berlinert sie sich durch die 12 Szenen, die Christian Weise aus Heinrich Manns Roman destilliert hat. In zwei kleineren Arbeiten war sie schon in der vergangenen Spielzeit zu sehen: in der HfS-Jahrgangsproduktion „Amore“ im Gorki-Studio und in „Alias Anastasius„, das im Werkraum des Berliner Ensembles weiter zu sehen ist.
Der zweite Trumpf ist das Bühnenbild von Julia Oschatz: ihre Zeichnungen sind detailverliebte Wimmelbilder. Besonders viele satirische Miniaturen gibt es im großformatigen Auftakt-Tableau zu entdecken.
Der dritte Trumpf ist schließlich Till Wonka, der zur Melodie des Mackie Messer-Songs aus der Dreigroschenoper mit einem Eröffnungssong in den Abend einführt und vor jeder der 12 Moritaten eine kurze Inhaltsangabe gibt, was wir in den nächsten Minuten sehen werden.
Der Grundton der 90 Minuten ist deftiges Volkstheater, die Figuren sind zu Karikaturen überspitzt, der Humor ist so grell, wie man ihn aus früheren Inszenierungen von Christian Weise kennt. Eine Schwäche des Abends ist, dass sich die szenischen Miniaturen auf die Dauer sehr ähneln und immer auf dasselbe Fazit hinauslaufen: Heßling ist ein äußerst unangenehm-schmieriger Zeitgenosse, der sich durchs Leben laviert und sich mit seinem autoritären Untertanen-Geist bequem einrichtet. Während die Hauptfigur immer von Jikeli gespielt werden, wechseln sich Tim Freudensprung, Marta Kizyma und Catherine Stoyan bei den austauschbaren Figuren ab, die Heßlings Weg kreuzen. Auch Conferéncier Till Wonka fügt sich mehrfach ins Geschehen ein.
„Der Untertan“ hatte am 15. Dezember 2023 am Gorki Theater Premiere.
Bilder: © Ute Langkafel MAIFOTO