Ganz in schwarz ist die Gorki-Bühne gehüllt. Während die fünf Spieler des rein männlichen Ensembles gemeinsam mit zwei Kindern vorne an der Rampe aufgereiht ist, nimmt uns Nurkan Erpulats Prolog mit an einen besonders brutalen, unwirtlichen Ort: im berüchtigten Evin-Gefängfnis, in dem das iranische Regime die kritische Intelligenz des Landes, inhaftiert und foltert, wurde Saams Mutter ermordet.

Sein Vater (Mehmet Yilmaz) ist strammer Marxist, bekommt jedoch auf wundersame Weise die Erlaubnis zur Ausreise und landet mit seinen beiden Söhnen an einem Ort, der auch alles andere als idyllisch ist: an der Sonnenallee in Berlin-Neukölln.

Behzad Karim Khanis 2022 erschiener Roman erzählt von der Faszination der testosterondampfenden Welt der Kleinkriminellen und Gangs auf den Heranwachsenden (Doğa Gürer) ausübt. Die Codes und die Atmosphäre dieses Milieus wird in einer Konfrontation von Saam mit einem libanesischen Anführer (Emre Aksızoğlu) sehr plastisch.

Doğa Gürer in Hund, Wolf, Schakal

Große Teile des Romans werden von wechselnden Erzählern in indirekter Rede frontal ins Publikum gesprochen. Schon bei diesen Auszügen ist die sprachliche Wucht des Debüts zu spüren. Eine kluge Entscheidung war es, Choreographin Modjgan Hashemian einzubinden. Ihre Tableaus stilisierter Gewalt, der Raubüberfälle, die Saam schließlich ins Gefängnis bringen, oder auch der Unsicherheit dieser jungen Männer am Rande der Gesellschaft sorgen dafür, dass Erpulats Roman-Adaption nicht so statisch und textlastig bleibt wie „Dschinns“ im vergangenen Jahr.

Nach ziemlich genau zwei Stunden endet dieser Trip durch die hoffnungslose Parallelwelt des hip gewordenen Problembezirks: Saams alte Kumpel kurven mit ihren schnellen Autos durch die Straßen und stellen sich brav für das Bürgergeld an. „Hund, Wolf, Schakal“ ist ein Abend, der vor allem von seiner dichten Atmosphäre lebt, in die alle Figuren auf ihre Art verstrickt sind.

Bilder: © Ute Langkafel MAIFOTO