Ayn Rand ist eine hochinteressante Figur der US-amerikanischen Philosophie. Der Guru der Finanzmärkte, der ehemalige US-Notenbank-Chef Alan Greenspan, berief sich ebenso auf ihre Thesen wie Julian Assange, das Idol der Open Data-Bewegung und Wikileaks-Kopf. Auch in einem feuilletonistischen Beitrag der Süddeutschen Zeitung über den Überraschungs-Coup, mit dem die Piraten das Abgeordnetenhaus von Berlin enterten, durfte ihr Name nicht fehlen.
Sie wurde bekannt als Vertreterin eines libertären Individualismus, der die Freiheit des Einzelnen ins Zentrum des Handelns rückt. Vor allem in den USA prägt sich auch heute, fast dreißig Jahre nach ihrem Tod, die politische Landschaft, da die Tea Party ihr in vielen Punkten nahe steht.
Die Auseinandersetzung mit dieser in Deutschland nicht so bekannten Denkerin drängt sich also förmlich auf und verspricht spannende Reibungspunkte. Leider ging das Konzept des Regieduos Tom Kühnel und Jürgen Kuttner, der dem Berliner Publikum durch seine Volksbühnen-Monologe bekannt ist, nicht auf. Das ältere Ehepaar neben mir zog am Ende das Fazit: "Wie langweilig!"
Interessante Ansätze gab es allerdings durchaus. Wie bei Kuttner als Stilmittel üblich liefen zu Beginn Videoschnipsel in Endlosschleife über die große Leinwand vor der Bühne: Ayn Rand sprach in alten Schwarz-Weiß-Interview-Aufnahmen über ihre Weltsicht. Furios war sicher auch der Schlussappell des Hauptdarstellers Daniel Hoevels, der ein weiterer Lichtblick des Abends war und hoffentlich noch öfter in wichtigen Rollen am Deutschen Theater Berlin zu sehen sein wird. In diesen wenigen Minuten lernte man das Gedankengebäude von Ayn Rand etwas besser kennen.
Dazwischen lag aber fast drei Stunden lang eine theatralische Fassung ihres Romans The Fountainhead, die in grauer Vorzeit des Hollywood-Kinos auch schon melodramatisch mit Gary Cooper verfilmt wurde. Mit zahlreichen Verfremdungseffekten in Brechtscher Tradition und skurrilen Auftritten von Jürgen Kuttner als schwarzer Witwe schleppte sich die Erzählung über den Architekten Howard Roark, der sich nicht anpassen, sondern seine künstlerischen Ideen 1:1 umsetzen möchte, wie Gerhard Schröder sagen würde, eher zäh hin.