Die Bettwurst

80 Jahre wird Rosa von Praunheim im November, sprüht aber vor Tatendrang wie eh und je. Demnächst erscheinen ein Biopic über Schlagerstar Rex Gildo und ein neues Buch. Bis 2. Oktober läuft in der Bar jeder Vernunft „Die Bettwurst“, eine Musical-Version seines gleichnamigen Kultfilms von 1971.

Noch aufsehenerregender war damals „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der lebt“. Mit den beiden Filmen avancierte Praunheim zum Jungstar des queeren Underground-Kinos, das er über fünf Jahrzehnte prägte. Sein Stil polarisiert: der Humor ist gerne etwas zotig, die Ästhetik oft Camp und elementar für Praunheim ist, dass er stets Kunst und Aktivismus verknüpft.

„Die Bettwurst“ parodiert kleinbürgerliche Verhältnisse, das ungleiche Paar Dietmar und Luzi versucht sich an der großen Liebe. Die Musical-Version lebt vor allem von der Präsenz des Duos in den Hauptrollen. Heiner Bomhard, der auch die Musik der 28 Songs komponiert haben, ist eine sehr werktreue Kopie des Original-Dietmars aus dem Film. Stets etwas linkisch babbelt sich die männliche Hauptfigur in hessichem Dialekt durch den Abend. Bomhard entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einer Art Allzweckwaffe in Praunheims Theater-Inszenierungen am DT Berlin und spielte auch in seinem Film „Darkroom – Tödliche Tropfen“ mit.

Als weiblicher Gegenpart trumpft Anna Mateur auf. Sie ist dem Publikum von Bar jeder Vernunft und tipi seit vielen Jahren durch Solo-Programme oder Auftritte in Musicals wie „Die 5 glorreichen Sieben“ wohl bekannt. Mit der geballten Wucht ihres Körpers unterscheidet sie sich optisch deutlich von Praunheims Großtante Luzi aus dem Original. Ihren Partner scheint sie in manchen Szenen schier zu erdrücken, aif jeden Fall wirkt die pure Körperlichkeit sehr einschüchternd auf den ohnehin unsicheren Dietmar.

In knapp zwei Stunden wird die „Bettwurst“-Farce munter nachinszeniert. Die schrille Handlung lässt sich knapp zusammengefasst nachlesen und steht hier nicht im Vordergrund. Mit dem Abend feiert die Bar jeder Vernunft Rosa von Praunheim und sein Lebenswerk, seine Exzentrik und seinen Hang zu Camp und Trash. Vor allem in der zweiten Hälfte, wenn sich das Duo nach dem Vorgeplänkel freispielt und aufeinander stürzt, ist das ein durchaus unterhaltsamer Abend.

Bilder: © Barbara Braun / BAR JEDER VERNUNFT

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