Verrückt nach Trost

Mit seiner verschworenen kleinen Gruppe von Schauspielstars sorgt Regisseur Thorsten Lensing alle paar Jahre für Furore. Bislang war das Team auf Bearbeitungen besonders dicker Roman-Wälzer wie Dostojewskis „Brüder Karamasow“ oder „Unendlicher Spaß“ von David Foster Wallace spezialisiert.

In der neuen Produktion bringt Lensing erstmals eigene Texte auf die Bühne: „Verrückt nach Trost“ ist der dreieinhalbstündige Abend überschrieben, der nach der Salzburger Festspiel-Premiere für sechs Abende in den koproduzierenden Sophiensaelen angekommen ist. Eine wuchtige Röhre dominiert den gesamten Bühnenraum, an eine Pipeline könnte man denken, aber aktuelle Anspielungen auf Krieg und Ampel-Koalitionsstreit, sind natürlich nicht Lensings Sache.

Sebastian Blomberg

Er bietet eine Revue kleiner Nummern, in denen seine vier Lieblings- und Stammakteure Sebastian Blomberg, André Jung, Ursina Lardi und Devid Striesow in kleinen Kabinettsstückchen ihre Virtuosität zeigen können. Als Waisenkinder Charlotte und Felix geben Lardi/Striesow den tragikomischen, oft surrealen Ton vor: in den ersten Szenen spielen sie Erinnerungen an ihre Eltern nach, bis plötzlich Sebastian Blomberg in Tauchermontur eine komplett aus der Welt gefallene Figur einführt. Vom Seestern bis zum Orang-Utan performt sich das Quartett quer durch die Tierwelt. Klare Konturen bekommt der Abend in den ersten anderthalb Stunden nicht: wie an einer Perlenkette wird Miniatur an Miniatur gereiht, die Kabinettstücken münden häufig in Slapstick und noch öfter zieht widerlicher Nikotin-Gestank von der Bühne ins Publikum.

Seine besseren Passagen hat der überlange Abend in der zweiten Hälfte: die Szenen werden dialogischer und dichter. Witzig und berührend sind Jung und Striesow als Liebespaar, Lardi legt als Oktopus, die sich über die Ungerechtigkeit ihres kurzen Lebens beklagt, das gelungenste Solo hin. Zum Schluss versinkt der Abend zu sehr in Kitsch, was in Lardis „Wir werden alle erlöst“-Beschwörungsmantra gipfelt.

Auch die Theatertreffen-Jury konnte der Abend letztlich nicht überzeugen: sie nominierten ihn zwar für die Shortlist, luden ihn aber im Gegensatz zu „Unendlicher Spaß“ nicht in die 10er Auswahl ein.

Bilder: © SF / Armin Smailovic

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