Ein Sommernachtstraum

An schauspielerischem Talent herrscht an diesem Abend bestimmt kein Mangel: Michael Klammer und Aenne Schwarz sorgten schon vor mehr als einem Jahrzehnt am Gorki Theater unter der Regie von Antú Romero Nunes für Furore. Vom Thalia Theater Hamburg brachte er Sven Schelker mit. In ihrer Heimatstadt Basel stieß auch Anne Haug, die bis dahin vor allem in der Freien Szene und beim Film arbeitete, zum Ensemble.

Im Intro stellen sie sich als Lehrerkollegium vor, das in der Schulaula den Klassiker des Laien- und Nachwuchstheaters, „Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare, aufführen wollen. Die Vroni, der Patrick, die Cordula und der regieführende Dominik (Fabian Krüger) treten in diesem kabarettistischen Intro mit ihren Schrullen und Macken vor. Matthias Koch wurde für die Kostümierung dieses schrulligen Kollegiums als Kostümbildner des Jahres ausgezeichnet. Das ist ein vielversprechender Beginn, auch wenn Nunes und sein Stadttheater-Team zu sehr auf Stereotype abzielen. Ihre Figuren sind nicht so nah an der Lebensrealität wie die präziser beobachteten Charaktere aus Sönke Wortmanns „Eingeschlossene Gesellschaft“-Kinokomödie. Schade, dass eine in die 10er Auswahl des Theater-Olymps eingeladene Inszenierung hier handwerklich/konzeptuell hinter dem Unterhaltungs-Kino zurückbleibt.

Die entscheidende Schwäche des Abends ist, dass er sich um seine Figuren gar nicht mehr so kümmert. Eine einzige Idee wird zu Tode geritten: das Ensemble der begabten Profis soll eine Laien-Truppe mimen, die sich durch den bekannten Stoff quälen. Sicher blitzt hier der eine oder andere schöne Moment auf und streckenweise ist das auch unterhaltsam.

Doch auf die Dauer von pausenlosen 165 Minuten ist es doch ziemlich ermüdend, den allzu redundanten Versuchen der Laien-Schar zuzuschauen. Die 3sat-Fernsehregie hat in Nahaufnahmen gut eingefangen, dass die Komödie auch bei den Basler Live-Zuschauern nicht so zündete wie beim aufgekratzten, feierwilligen Berliner Theatertreffen-Event-Publikum. Bemerkenswert an der TV-Adaption war, dass die Kameras schon beim Kabarett-Intro thematisiert und ins Spiel eingebaut wurden.

Das versprochene Theaterfest wurde dieser Basler „Sommernachtstraum“ leider nicht. Das hochbegabte Ensemble bietet Nümmerchen, steckt aber in dem „One trick pony“-Korsett fest, dem beim besten Willen schon bald keine neuen Variationen und Impulse zu entlocken sind.

Antú Romero Nunes ist zweifellos einer der begabtesten Regisseure seiner Generation, dem zauberhafte Abende wie „Orpheus“ oder spannende Zugriffe wie „Richard III.“ gelangen. Zum Theatertreffen wurde er aber erst zwei Mal eingeladen, leider ausgerechnet mit schwächeren Arbeiten: der ermüdenden Slapstick-„Odyssee“ aus Hamburg und diesem Basler „Sommernachtstraum“.

Bild: Ingo Höhn

3 thoughts on “Ein Sommernachtstraum

  1. Max Kuhlmann Reply

    Diese Besprechung kann ich nicht nachvollziehen. Zum einen: das Intro ist allein die Vorbesprechung zu Pyramus und Thisbe (mit Löwe und Mond etc.) und nicht zu Shakespeares Sommernachtstraum insgesamt. Natürlich schneiden sich schon hier die Ebenen, aber das ist ja auch eine Qualität der Inszenierung. Vor allem aber: Schauspielerisch ist es durchgehend grandios, das kann man ruhig einmal anerkennen. Es ist nicht ein „ allzu redundanter Versuch einer Laienschar, es ist ein humorvolles Theaterfest! Gratulation!

    1. Konrad Kögler Reply

      Die Inszenierung polarisiert sehr. Eine ganze Reihe von Besprechungen teilt meine Sichtweise. Natürlich gibt es auch einige andere, die so begeistert sind wie sie.

      1. Max Kuhlmann Reply

        Ja, es ist natürlich Geschmacksache. Ich freute mich eher über einen humorvollen Sommernachtstraum, schauspielerisch herrlich, als ihn wieder klassisch zu sehen. Antú Romero Nunes eben. Es ist ja schon bei Shakespeare eine „Komödie“. Jeder kann sich aber Gott sei Dank in der 3sat Mediathek noch für ein paar Monate ein Bild machen.

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