Es kann doch nur noch besser werden

Dem Gorki Theater bescherte Sibylle Berg mit „Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen“ einen ersten großen Hit, zu einer Tetralogie mit garantiert vollem Haus wuchs sich diese Zusammenarbeit aus.

Im Frühsommer 2023 verkündete das Berliner Ensemble, dass sie sich die in Weimar geborene, in Zürich lebende, scharfzüngige Kolumnistin Berg als Kooperationspartnerin für mehrere Projekte gesichert haben. Den Auftakt machte gestern die Uraufführung des 24 Seiten kurzen Textes „Es kann doch nur noch besser werden“: die ersten Vorstellungen bis November waren natürlich schon vor der Premiere ausverkauft.

Berg arbeitet sich wieder an ihren großen Themen ab: dem Rausch des neoliberalen Turbokapitalismus, der so schön glitzert und so viele Verheißungen hat, aber für viele doch nur ein endloses Hamsterrad bedeutet, in dem sie sich drehen und nicht aus ihrem prekären Status herauskommen. Wir befinden uns in einem „Prima Leben“, das Tech-Giganten wie Elon und die KI den Menschen versprochen haben. Doch schon bald wird alles immer schlechter: die Versprechen stellen sich als reines Marketing heraus, die namenlose „Person“ landet schließlich in einem Downgrade der Basisversion, dem „Weniger prima Leben“. Aus der quietschbunten Bühne wird eine trostlose, überschwemmte Kloake.

Bekannte Motive wie die aus der VR China berüchtigten Verhaltenspunkte oder die Not auf dem Mietmarkt, über den Frau Berg zuletzt auch in vielen Social Media-Posts berichtete, collagiert Berg zu einer gewohnt pessimistischen Zustandsbeschreibung mit dem üblichen schwarzen Humor. „Es kann doch nur noch besser werden“ ist eine kleine Variation ihrer üblichen Themen und wurde vom Berliner Ensemble deshalb auf der kleinen Bühne im Neuen Haus des BE disponiert. Die Uraufführung des aktuellsten Berg-Romans soll im April 2024 auf der großen Bühne folgen.

Die Regie vertraute Oliver Reese Max Lindemann an, der seine dritte Arbeit auf der kleinen Bühne zeigen durfte. „Person“ und „AI“, die Gegenspieler aus Bergs Text, sind jeweils auf ein Trio aufgeteilt: auf der einen Seite Nina Bruns, Lili Epply und Jonathan Kempf, alle drei jüngere Ensemble-Mitglieder am Haus; als AI in schillernden, queer-genderfluiden Alien-Ganzkörperanzügen (Bühne/Kostüm: Sita Messer) erleben wir Amelie Willberg, die in „Berlau: Königreich der Geister“ im Frühsommer 2022 einen starken Eindruck hinterließ und mittlerweile auch fest am BE ist, sowie zwei Gast-Performer: Perra Inmunda, kolumbianischer DJ/Rapper/Performer und Meo Wulf, der auf ein vielfältiges Schaffen vom als sehr bieder geltenden Wiener Theater in der Josefstadt über eine jahrelange Hauptrolle in der ARD-Vorabendserie „Familie Dr. Kleist“ bis zur Mitarbeit an der Actout-Initiative 2021 zurückblicken kann.

Vom Live-Musiker Olan! begleitet bieten die beiden Trios eine muntere, trotz aller Dystopie gut gelaunte Performance, in der sich Songs und Spielszenen unterhaltsam mischen. Ein in sich runder, kleiner, nur 80 Minuten kurzer Abend, der vom Premierenpublikum mit viel Beifall aufgenommen wurde. Sicher wird Sibylle Bergs galliger Humor zu guten Auslastungs- und Verkaufszahlen führen, die Intendant Oliver Reese immer so stolz verkündet.

Bild: © JR Berliner Ensemble

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