Ciao

So gelöst und fröhlich habe ich Gorki-Intendantin Shermin Langhoff lange nicht gesehen: lauthals stimmt sie in den Schluss-Song „Don´t stop believing“ ein, einen 80er Jahre-Hit der US-Band Journey. Von ihrem Lieblingsplatz direkt vor der Bühnenrampe aus macht sie ihre gewohnten Ansagen, lobt ihr Gorki-Publikum für seine Begeisterungsfähigkeit und lädt in den Garten, um die Sommerpause einzuläuten.

„Ciao“ ist kein Theaterabend im klassischen Sinn. 4 Jungs aus dem Ensemble haben sich zu einem „Band-Projekt“ zusammengeschlossen, wie der Untertitel lautet. Regie gibt es nicht. Sie entwickelten alles im Kollektiv, rauften sich immer wieder zusammen und standen wohl auch am Rand des Scheiterns, wie im Lauf des Abends immer wieder anklingt. Dramaturgin Valerie Göhring und Schauspiel-Kollegin Maryam Zaree unterstützten die Boy-Band.

Der zweistündige Abend, der auf der Saison-Zielgeraden am 1. Juni Premiere hatte, ist ein buntes Sammelsurium, in dem sich die vier einfach mal an E-Gitarre und Schlagzeug oder als Stand-up-Comedian ausprobieren. Einen roten Faden oder eine klare Dramaturgie wird man vergeblich suchen, auch die Tonlage switcht munter hin und her zwischen ziemlich albern und melancholisch-ernster Hommage an die Mütter und Schwestern des Quartetts zum Finale.

„Ciao“ ist ein Abend, der den Jungs und dem harten Kern der Gorki-Community einfach nur Spaß machen soll und die Reihen schließt: Frontal wendet sich Emre Aksızoğlu in seinem Stand-up-Solo an die CDU von Kultursenator Joe Chialo. Wo soll er hin, falls Langhoffs Intendanz in zwei Jahren nicht verlängert werden sollte? Nach diesem politischen Appell, das postmigrantische Theater zu erhalten, geht es aber gleich mit den nächsten Gags im Fips Asmussen-Stil weiter.

Viele Themen, die das Gorki und sein Publikum umtreiben, werden an diesem musikalischen „Ciao“-Abend angetippt: von Queerness bis Integration von Minderheiten, vom Gefühl, nicht dazu zu gehören und harten Ankommen bis zu toxischer Männlichkeit. Ironisch wird immer wieder darauf angespielt, dass Jonas Dassler die meisten Soli bekommt, den größten Sexappeal hat, der einzige Hetero-Cis-Mann ohne Migrationshintergrund ist und viele wohl nur seinetwegen ins Theater gekommen sind.

Wer einen nachvollziehbaren Plot und eine stringente Auseinandersetzung mit einem Plot sucht, wird hier nicht glücklich werden. Alle anderen können sich auf einen bunten Lieder- und Comedyabend freuen, eine „“Loseblattsammlung mit Stofftieren“, wie Nachtkritik so treffend zusammenfasste. Als besonderen Farbtupfer und Blickfang gibt es noch die Leggins, in die sich das Ensemble zwängt. Allein dafür lohnt sich schon der Besuch.

Bild: © Ute Langkafel MAIFOTO

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