Der Zähmung Widerspenstigkeit

Die Shakespeare-Komödie „Der Widerspenstigen Zähmung“ fassen die Theater aus guten Gründen nur noch mit Samthandschuhen an. Zu misogyn wirkt der Plot von Katharinas Zurichtung, die von Petruchio gequält, erniedrigt und gegaslighted wird. 

Wie soll man damit umgehen. Für eine „Zerschreibung“ entschied sich die Schweizer Dramatikerin Katja Brunner. Diese Wort-Neuschöpfung zischt und faucht Katrija Lehmann in ihrem Eröffnungs-Monolog in Video-Großaufnahme mehrfach. 

Die folgenden knapp zwei Stunden sind ein Mash-up aus Shakespeare-Motiven, einem Femizid aus der Corona-Zeit 2020 und vielen weiteren assoziativen Einsprengseln. Der Text wechselt ständig zwischen Sprachstilen und Zeitebenen, reiht Bruchstück an Bruchstück. Als „Playlist, die einem nicht zufälligen Shuffle-Prinzip“ folge, hat Dramaturg Daniel Richter die Struktur des Textes und der Uraufführungs-Inszenierung am DT Berlin im Abendzettel-Essay bezeichnet.

Dementsprechend gehen die Blicke der Sitznachbar*innen oft zur Uhr/zum Handy-Display. In zahlreichen Schleifen und Verschachtelungen kreist Pinar Karabuluts „Der Zähmung Widerspenstigkeit“ um ihr zentrales Thema, den Mord an Frauen. Die politische Ambitioniertheit des Abends ist glasklar und voller Entschiedenheit. Künstlerisch wirkt vieles holprig, zwischen all den Bruchstücken entsteht kaum ein spielerischer Drive. Oft rettet sich die Inszenierung in den Slapstick, aus einigen Ecken des Saals folgt dann jeweils dünnes, aber doch dankbares Kichern.

In den beiden Schluss-Szenen setzt Karabulut zwei Ausrufezeichen: der Abend wird zum Totenmesse-Ritual für die gedemütigten und ermordeten Frauen, bevor er in einen letzten wütenden Empowerment-Aufschrei-Rap mündet, der vom Publikum begeistert gefeiert wird.

„Der Zähmung Widerspenstigkeit“ wurde am 19. Dezember 2024 von der designierten Zürcher Co-Intendantin Pinar Karabulut auf der Bühne des Deutschen Theaters Berlin uraufgeführt.

Bild: Eike Walkenhorst

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