Das „Aschenputtel“ der Brüder Grimm hat sich die norwegische Regisseurin Emilie Blichfeldt in ihrem Spielfilm-Debüt vorgenommen. Auf den ersten Blick kommt „Den stygge stesøsteren/The Ugly Stepsister“ wie ein Weihnachts-Familienfilm daher, der in seiner Ausstattung schwelgt und auf einem polnischen Schloss gedreht wurde. Buch und Regie folgen den wesentlichen Stationen des bekannten Märchen-Plots.
Doch für einen gemütlich-nostalgischen Wohlfühltrip im Kinosessel oder für Kinder ist diese Märchen-Adaption bestimmt nicht geeignet. Blichfeldt nimmt das alte Sprichwort „Wer schön sein will, muss leiden“ sehr wörtlich: Das Mauerblümchen Elvira (Lea Myren) wird zum Versuchskaninchen und zahlreichen Torturen ausgesetzt. Augen werden durchbohrt, Nasen zertrümmert, Bandwürmer geschluckt. Alles tun die Mütter, damit der Märchenprinz ihre Töchter in die heile Welt entführt, die in wunderschönen Traumbildern ausgemalt wird.
Regisseurin und Drehbuchautorin Blichfeldt macht sich einen Spaß daraus, den Märchen-Stoff satirisch zuzuspitzen und bis zur Ekelgrenze zu überzeichnen. „Blut ist im Schuh“, gurrte die Taube bei den Brüdern Grimm, und Blut fließt auch in dieser Aschenputtel-Bearbeitung reichlich, wenn Fersen abgesäbelt und Füße amputiert werden.
„The Ugly Stepsister“ legt den brutal-düsteren Kern des Märchens offen und dreht den rigiden Drill der Casting-Shows von Heidi Klum und Co. konsequent in Richtung Body Horror weiter. Der norwegisch Debütfilm hatte seine Premiere in Sundance im Januar 2025 und wird im Panorama der Berlinale zweitverwertet.
Bilder: Marcel Zyskind