Geld ist Klasse

Zwei bekannte „Marken“ gastieren an diesem Abend in der Kammer des Deutschen Theaters: Marlene Engelhorn, die derzeit wohl berühmteste Erbin eines Millionenvermögens, und Volker Lösch, der bekannteste aktivistische Theatermacher im deutschen Sprachraum.

Sie stehen anfangs allein auf der Bühne, informieren über das Zustandekommen des Abends und feuern die ersten Infotainment-Salven ab. Irgendwo zwischen Polit-Kabarett mit aufklärerischer Gesinnung und Lecture Performance sind die 100 Theater-Minuten angesiedelt, die anhand vieler Beispiele aufzeigen, wo die Steuerung der demokratischen Staaten versagt und sich „Übervermögen“ gebildet haben.

Eines dieser „Übervermögen“ erbte Engelhorn von ihrer Großmutter aus BASF-Anteilen. Aufgewachsen in einem Wiener Villenvorort war es für sie als Kind selbstverständlich, dass man sich um Geld keinerlei Sorgen machen muss. Über Geld wird am besten gar nicht gesprochen, berichtet Engelhorn aus der Erfahrungswelt einer Superreichen.

Nach einiger Zeit kommt die ebenfalls in Wien aufgewachsene Schauspielerin Marlene Reiter dazu, die mit Lösch bereits bei seiner Dresdner zum Theatertreffen 2022 eingeladenen Inszenierung „Der Tartuffe oder Kapital und Ideologie“ arbeitete. Der Abend schwankt zwischen albernen Momenten, ernsthafter Analyse und Aufruf zu mehr Engagement für soziale Gerechtigkeit. In die erste Kategorie fällt eine Karikatur von BMW-Erbin Susanne Klatten, die gegen Engelhorns Absicht giftet, zu oft über Superreichtum zu sprechen und mit ihrer Initiative „Tax me now“ eine faire Besteuerung auch der größten Vermögen fordert.

Anhand einiger Beispiele wird aufgezeigt, wie sich Überreichtum vermehrt und wie die Durchschnittsbürger als Mieter, Arbeitnehmer und Konsument im Alltag an vielen Stellen dazu beitragen, dass das investierte Geld noch mehr Rendite bringt.

Der Abend schließt mit einem Paket sehr konkreter Forderungen an die Politik, wie Schlupflöcher geschlossen und Überreichtum zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden kann, und mit einem Appell, freie Zeit oder Ressourcen in die NGOs zu stecken, die sich dem Thema fairere Verteilung gewidmet haben.

Die Koproduktion von FFT Düsseldorf und Theater Rampe Stuttgart stand überraschend auf der Shortlist des Theatertreffens. Für die 10er Auswahl war sie aber dann doch nicht bemerkenswert genug. Sein Segment politaktivistischen Theaters beackert Volker Lösch zwar konsequent weiter, hatte aber z.B. mit dem erwähnten „Tartuffe“ zuletzt überzeugendere Arbeiten.

Das Stück ist derzeit auf Tour, gastierte im Mai am Staatsschauspiel Dresden, macht gestern und heute bei den Autor*innentheatertagen am DT Berlin Station und zieht dann weiter zu den Schillertagen Mannheim, um nur einige zu nennen.

Bild: Christian Knieps

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