Frau Yamamoto ist noch da

Wie eine Zeitreise zurück in die frühen 2010er Jahre fühlt sich das „Frau Yamamoto ist noch da“-Gastspiel an. Uli Khuon war damals neu als Intendant ans Deutsche Theater Berlin gekommen, Dea Loher eine seiner wichtigsten Autorinnen, die er bei seinen vorherigen Stationen in Hannover und am Thalia Theater Hamburg schon mehrfach zur Uraufführung brachte.

Mit Ausnahme des Kinderstücks „Bär im Universum“ (2020) gab es bereits fast zehn Jahre kein neues Stück mehr von Loher. Als Uli Khuon und seine Dramaturgin Anika Steinhoff hörten, dass die langjährige Weggefährtin an einem neuen Stück für das Tokyo Engeki Ensemble TEE arbeitete, handelten sie eine parallele Uraufführung in Japan und zur Eröffnung von Khuons Interims-Intendanz am Schauspielhaus Zürich aus.

„Frau Yamamoto ist noch da“ ist ein typisches Loher-Stück: ein loser Reigen aus skurrilen Miniaturen voller verlorener Figuren. Einen roten Handlungsfaden wird man vergeblich suchen. Die früheren Loher-Stücke inszenierte meist Andreas Kriegenburg, für das neue Stück gewann Khuon eine jüngere Weggefährtin, die ihre größten Erfolge in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten als Hausregisseurin am Thalia oder mit ihrer ersten Theatertreffen-Einladung an den Münchner Kammerspielen feierte.

Steckels Arbeiten zeichnen eine hohe Musikalität und starke, soghafte Bilder aus. Für „Frau Yamamoto ist noch da“ komponierte ihre Lieblings-Indie-Band „The Notwist“ eigens mehrere Songs, die sich als melancholischer Soundteppich über die Szenenfolge legen.

Entscheidenden Anteil am Gelingen dieser Interims-Eröffnungs-Inszenierung hat das bis in kleinste Rollen sehr prominent besetzte Ensemble um Mirco Kreibich/Sebastian Rudolph als Nachbarn und Nikola Weisse in der Titelrolle. Es liegt in der Natur des Stücks, dass sich in den knapp drei Stunden ein paar Längen einschleichen und nicht jede Miniatur die Spannung hält. Dennoch zählt das Gastspiel aus Zürich zu den Höhepunkten der Autor*innentheatertage: der leise Humor und die wiederkehrenden Motive halten den tragikomischen Reigen zusammen.

„Frau Yamamoto ist noch da“ hatte am 12. September 2024 Premiere am Schauspielhaus Zürich. Die beiden Gastspiele am 17./18. Juni 2025 am DT Berlin waren die letzten Vorstellungen, das Stück wird von der neuen Zürcher Intendanz Pinar Karabulut/Rafael Sanchez nicht übernommen. Bei den Mülheimer Theatertagen war überraschend nicht die Zürcher Uraufführung, sondern Burkhard Kosminskis Stuttgarter Inszenierung eingeladen, schied in der Jury-Diskussion jedoch schon in der Vorrunde aus.

Bilder: Alex Bunge

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