Wer hat Angst vor den Schwarzen Jungfrauen?

Am Kreuzberger Ballhaus Naunynstraße wurde das sehenswerte Stück Schwarze Jungfrauen wiederaufgenommen, das bei seiner Premiere im Jahr 2006 im Hebbel am Ufer für viel Furore sorgte. Feridun Zaimoglu und Günter Senkel machten sich auf eine spannende Reise in das Milieu der "Neoislamistinnen", wie sie das Milieu im Programmheft definierten.

Die beiden Autoren dieses Abends führten ausführliche Interviews mit sehr gläubigen jungen Frauen, die meist einen türkischen oder bosnischen Migrationshintergrund haben. Eine der Hasstiraden gegen den dekadenten Westen stammt von einer Deutschen, die sich vom Christentum abwandte und erst vor kurzem zum Islam konvertierte. 

Fünf Schauspielerinnen tragen ein Best of dieser wütenden Monologe vor und blicken sehr selbstbewusst aus den Fächern eines überdimensionalen Setzkastens auf das Publikum herab. Haarstäubendes mischt sich mit Unerwartetem. Dass Bin Laden in diesen Kreisen als Jahrhundertheld gefeiert wird, konnte man schon vorab befürchten. Erstaunlich ist aber die sexuelle Freizügigkeit einiger der Schwarzen Jungfrauen und die schnoddrige Wortwahl, mit der sie über ihre Affären sprechen.

In atemloser Geschwindigkeit entsteht ein Mosaik auf den ersten Blick unvereinbarer Statements junger Fundamentalistinnen, die ihre Moralvorstellungen gegen die westlichen "Speckmaden" in Stellung bringen. Die Frauen sind eloquent, teilweise brandgefährlich, entsprechen aber doch nicht dem Klischee, das die Debatte über Islam, Fundamentalismus und Integration prägt.

Die Auseinandersetzung mit diesem Text lohnt sich sehr. Bis Ende März steht das Stück in der Originalbesetzung unter Regie von Neco Celik noch fast täglich auf dem Spielplan. Andere Interpretationen des zugrunde liegenden Textes waren bereits auf verschiedenen Bühnen wie z.B. am Wiener Burgtheater zu sehen: Zaimoglu und Co. haben mit ihrem Textband offensichtlich einen Nerv getroffen.

Weitere Informationen und Termine

One thought on “Wer hat Angst vor den Schwarzen Jungfrauen?

  1. Pingback: Antigone in Zürich – Das Kulturblog

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert