„Verbrennungen“: Traumata des libanesischen Bürgerkriegs

Im zweiten Teil des Premierenwochenendes am Deutschen Theater kehrte der Ödipus-Mythos in einer modernen Adaption von Wajdi Muawad in den Kammerspielen wieder. Sein beklemmendes, verschachtelt gebautes Drama Verbrennungen schildert die Reise von Zwillingen, die nach dem Tod ihrer Mutter den Traumata der Familie nachgehen und auf Abgründe von Folter und Vergewaltigungen im libanesischen Bürgerkrieg stoßen.

Tilman Köhlers Regie mutet in den fast drei Stunden seinem Publikum einiges zu: die Schauspieler springen in rascher Szenenfolge zwischen verschiedenen Rollen und Zeitebenen hin und her, die Zusammenhänge bleiben bis zur Entschlüsselung der Tragödie lange unklar. Gerade deshalb wirkt das Stück wie ein Mahlstrom, in dem sich Berichte von seelischen Grausamkeiten und seelischen Qualen aneinanderreihen. Als ob er vor der Schwere des Stoffs fliehen möchte, lässt der Regisseur Christoph Franken zwischendurch kleine Slapstick-Szenen spielen, die wir von ihm aus vielen anderen Abenden kennen, die aber in diesem Drama merkwürdig deplatziert wirken. Dementsprechend unfertig und unentschlossen wirkte die Handschrift des Regisseurs.

Maren Eggert betritt als Nawal in der Rolle der traumatisierten Mutter zunächst im Pullover-Schlabber-Look aus dem Publikum die Bühne und bewahrt ihre Figur auch im weiteren Verlauf davor, in der Aura einer Schmerzensmadonna zu erstarren. Obwohl sie das Zentrum der Handlung bildet, zieht sie sich immer wieder aus der Bühnenmitte zurück, die aus zwei großen Gitterplatten mit einem Riss besteht und von amphitheater-artig ansteigenden Publikumsrängen umgeben ist. Von dort oben wird das Drama regelmäßig von den Klagegesängen von zwei Araberinnen untermalt.

Auffällig ist, wie einig sich die Kritiken in den Feuilletons waren, dass das Leiden der gequälten Figuren in einer "spröden" Inszenierung mit vielen Worten behauptet, aber letztlich für das Publikum nicht erlebbar wird. Der komplexe Aufbau der Textwüste sorgt dafür, dass die Zuschauer auf Distanz gehalten werden. Deswegen ist dieser Abend weniger kraftvoll als die antike Tragödie Ödipus Stadt zuvor auf der Großen Bühne des Deutschen Theaters.

Weitere Informationen und Termine zum Stück Verbrennungen 

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