Mit ausgesuchter Höflichkeit behandeln sich der namenlose Stürmer (Denis Grafe) und der ebenso anonyme Mittelfeldspieler (Matthis Heinrich): schüchtern tasten sie sich von ihrer ersten Begegnung im Wald bis zu einem zärtlichen Kuss vor, konsequent sprechen sie sich respektvoll mit „Sie“ an.
Dieses Paar steht im Zentrum von Leo Meiers homoerotischer Fußball-Komödie „zwei herren von real madrid“: pünktlich zur EM-Eröffnung und kurz nach der TV-Ausstrahlung der Doku „Das letzte Tabu“ beleuchten Meiers Text und die Inszenierung von Albrecht Schroeder, die er in der vergangenen Spielzeit als Regieassistent am Schauspiel Leipzig in der Diskothek herausbrachte, die Scheinheiligkeit des Profifußballs.
Während die Nebenfiguren voll aufdrehen dürfen und vor allem Annett Sawallisch als Mutter des Stürmers dem Affen Zucker gibt, erzählen die beiden Männer im Zentrum eine stille, zärtliche Liebesgeschichte. Der Inszenierung gelingt es überraschend gut, die Balance zwischen diesen leisen Momenten und lauter Komik zu halten.
Neben den beiden Hauptdarstellern überzeugt vor allem Wenzel Banneyer, der als Double des „ultraheterosexuellen“ (Falk Schreiber in seiner Nachtkritik vom Heidelberger Stückemarkt 2023), beinharten Verteidigers Sergio Ramos durch das Geschehen geistert, dem jungen Paar seinen Segen gibt und ansonsten über das Sterben philosophiert.
Im Januar 2023 musste das Schauspiel Leipzig dem Theater Oberhausen den ersten Zugriff auf die Uraufführungsrechte überlassen, im vergangenen Jahr gewannen die „zwei herren von real madrid“ den Nachspielpreis des Heidelberger Stückemarkts, der automatisch mit einer Einladung zu den ATT ans Deutsche Theater Berlin verbunden ist. Dort war diese warmherzige Komödie gestern ein Festival-Highlight.
Bilder: Isabel Machado Rios