Dass Sandra Hüller eine Schauspielerin der Extra-Klasse ist, ist nicht nur im Theaterbetrieb bekannt, sondern wurde auch in Cannes mit Palmen und Hollywood mit Oscar-Nominierungen gewürdigt. Von einer neuen Seite zeigt sie sich in der Musiktheater-Show „I want absolute beauty“, mit der Ivo van Hove in der Bochumer Jahrhunderthalle seinen Einstand als Ruhrtriennale-Intendant gab.
90 Minuten lang beweist Hüller ihr Talent als ausdrucksstarke Sängerin. 26 Songs von PJ Harvey hat van Hove in vier Kapiteln thematisch verknüpft. Wandlungsfähig spielt Sandra Hüller die melancholisch Zweifelnde, die unglücklich Liebende, die sich vor Sehnsucht Verzehrende, die Wütend Aufstampfende, die mit der Welt Abrechnende.
Patrick Bahners hat sich in der FAZ die Mühe gemacht, nachzuweisen, an welchen Stellen die Texte der Songs nicht bruchlos ineinander übergehen. Die philologische Beweisführung ändert aber nichts daran, dass es van Hove/Hüller gelingt, die Stimmungen zu transportieren und das Publikum auf eine 90minütige Reise durch die Gefühlsachterbahn der Protagonistin mitzunehmen.
Sandra Hüller steht bei diesem theatralischen Konzert nicht allein auf der Bühne, sondern wird von der Compagnie (La)Horde aus Marseille begleitet, die es gewohnt sind, sich neben Diven und Göttinnen wie Madonna zu behaupten. Während im Hintergrund Videos von Christopher Ash flimmern, verstärkt das Tanz-Ensemble die Atmosphäre des jeweiligen Songs: kämpferisch mit angedeuteten Fausthieben, liebevoll ineinander verschlungen oder sich mit letzter Kraft am Boden wälzend.
Ganz zum Schluss gibt es noch einen Kurzauftritt einer weiteren Diva auf der Video-Leinwand: Isabelle Huppert meldet sich mit ein paar raunenden Worten, bevor nach dem Schluss-Song „We float“ großer Jubel ausbricht.
Bei der Ruhrtriennale gibt es noch wenige, bereits ausverkaufte Vorstellungen in den kommenden Tagen. Aber vielleicht gibt es noch weitere Gelegenheiten: die „I want absolute beauty“-Show von PJ Harvey, (LA)Horde und Sandra Hüller wäre ein toller Auftakt für das nächste Theatertreffen.
Bilder: © Jan Versweyveld