Zu den Stammgästen der Berlinale zählt der rumänische Regisseur Radu Jude: 2015 gewann er einen Silbernen Bären für „Aferim!“, 2021 den Goldenen Bären für seine Medien-Satire im Lockdown „Bad Luck Banging or Loony Porn“. Außerdem war er noch mehrfach im Forum vertreten, so z.B. auch mit seinem Debüt „The Happiest Girl in the World“ 2009.
Seinen charakteristischen Stil führt Jude auch in seinem Wettbewerbs-Beitrag „Kontintental ´25“ fort: aus einer entgleisenden Alltagssituation macht Jude ein galliges Porträt der Misstände in seiner rumänischen Heimat. Ausgangspunkt ist, dass die Gentrifizierung auch Cluj in Siebenbürgen erfasst hat. Gerichtsvollzieherin Orsolya muss dafür sorgen, dass ein Gebäude leergeräumt wird, damit dort ein Boutique-Hotel entstehen kann. Im Keller hat sich jedoch ein Obdachloser eingerichtet. Nach mehrmaligen vergeblichen Versuchen, ihn zum Auszug zu bewegen, setzt sie ihm eine letzte Frist. Als sie mit ihren Ordnungskräften aus der Kaffeepause zurückkommt, hat er sich das Leben genommen.
Der Rest des mit 110 Minuten zu lang geratenen Films kreist um die Gespräche, die Orsolya mit Freunden, Bekannten, Angehörigen und einem Priester führt. Als roter Faden ziehen sich die Gewissensbisse der Gerichtsvollzieherin durch die Gespräche: Hätte sie dem Obdachlosen helfen und eine Stelle in ihrem Büro anbieten können? Die Gespräche mäandern aber zu vielen weiteren Themen: mehrfach brechen die Spannungen zwischen der ungarischen Minderheit und den Rumänen durch. Figuren übertrumpfen sich in chauvinistischen Parolen, Orsolyas Mutter preist einmal sogar Victor Orbán als Vorbild für die „faulen Rumänen“ an. Auch die Korruption im Land fließt in die Gespräche ein.
So entsteht ein satirisches Panorama, wie wir es von Radu Jude kennen, allerdings fehlt „Kontinteal ´25“ manchmal der Fokus. Die Jury der Berlinale überzeugte der Film dennoch, sie vergab einen weiteren Silbernen Bären für das beste Drehbuch an Radu Jude.
Bild: Raluca Munteanu