Vor sieben Jahren war der Schweizer Lionel Baier erstmals zur Berlinale eingeladen mit dem düsteren „Ondes choc – Prenom: Mathieu“ im Panorama 2018. Kurz vor seinem 50. Geburtstag kann der Leiter der Regie-Abteilung an der Pariser Filmhochschule La Fémis auch sein Debüt im Berlinale-Wettbewerb feiern.
Dafür suchte er sich einen skurrilen Zeitgeschichtsroman aus seiner Pariser Wahlheimat aus. 2017 besprachen die Feuilletons von SZ über FAZ bis NZZ den aurobiographischen Roman „Das Versteck/La Cache“ des Journalisten Christophe Boltanski (Neffe des bildenden Künstlers Christian Boltanski) recht wohlwollend.
Aus der Sicht eines kleinen Jungen (Ethan Chimienti) werden die Studenten-Proteste im Mai 1968 beschrieben. Vater und Mutter sind auf den Barrikaden und haben den Junior bei Urgroßmutter, Großeltern und zwei Onkeln geparkt. Recht zäh schleppt sich die Schilderung dieser schrägen Mehr-Generationen-Familie dahin, bis plötzlich Charles de Gaulle an die Tür klopft.
Historischer Hintergrund: Ende Mai 1968 war de Gaulle tatsächlich in der Defensive, die Öffentlichkeit spekulierte über einen Rücktritt. Boltanski/Baier fantasieren, dass sich der General und Staatspräsident in eben jener Kellerluke verbarg, in der auch der jüdische Großvater (Michel Blanc) des Jungen von der Großmutter (Dominique Reymond) während des Vichy-Regimes versteckt gehalten wurde.
„La Cache/Das Versteck“ ist nur eine kleine Skurrilität im Berlinale-Wettbewerb, an der jene Freude haben können, die sich für französische Zeitgeschichte interessieren.
Bild: Véronique Kolber