Ein sehr stiller, genau beobachtender Film ist Ina Weisses dritte Regie-Arbeit „Zikaden“. In der Sommerhitze Brandenburgs treffen zwei Frauen aufeinander, die gegensätzlicher kaum sein könnten: Isabell (Nina Hoss, die auch schon in Ina Weisses „Das Vorspiel“ die Hauptrolle übernahm) ist Maklerin millionenteurer Häuser und jettet zwischen Berlin und Paris hin und her. Anja (Saskia Rosendahl) schlägt sich als alleinerziehende Mutter mit prekären Jobs herum, aus denen sie immer wieder gefeuert wird.
Etwas zu holzschnittartig stellt Ina Weisse diese Milieu- und Klassenunterschiede gegenüber. Gemeinsam ist beiden so unterschiedlichen Frauen, dass sie Getriebene im „Betreuungshamsterrad“ sind, wie die taz so treffend titelte. Anja ist aufgerieben zwischen McJobs und Betreuung der Tochter, Isabell muss die Pflege des dominanten Vaters nach einem Schlaganfall organisieren, da auch die Kräfte der Mutter schwinden. Eine interessante Fußnote ist, wer dieses Paar spielt: Rolf und Inge Weisse, die Eltern der Regisseurin, wie die Filmfigur war Rolf Weisse tatsächlich erfolgreicher Architekt.
Am interessantesten wird der Film, wenn er über die Sozialstudie hinausweist und statt vieler Worte nur die Blicke zwischen den beiden Hauptdarstellerinnen wirken lässt, die diesen Film tragen. Unausgesprochen bleibt, was diese beiden Frauen verbindet: eine Verwandtschaft zweier gestresster Seelen, die sich nach mehr Ruhe sehnen? Auch erotisches Begehren? Vieles bleibt offen in diesem stillen Drama.
Nach der Premiere im Panorama der Berlinale im Zoo-Palast am 15. Februar 2025 startete „Zikaden“ am 19. Juni 2025 in den Kinos.
Bilder: Judith Kaufmann/Lupa Film