Wie eine Flughafen-Lounge wirkt die Bühne, die Christian Beck für Heiner Müllers „Der Auftrag – Erinnerung an eine Revolution“ im Maxim Gorki Theater entworfen hat. Im Zentrum steht der berühmte Fahrstuhl aus dem Alptraum-Monolog über einen Mann, der pünktlich beim Chef erscheinen will, aber plötzlich in Peru landet. Ruth Reinecke spricht dieses Kernstück von Müllers Drama regungslos, während sich die anderen Spielerinnen und Spieler hinter ihr die Gesichter mit Kleister und Farbe maskieren.
Der Raum macht einen kalten, sterilen Eindruck, dazu passen die Ausschnitte aus Fritz Langs „Metropolis“-Meilenstein, die auf die Fahrstuhlwand projiziert werden, und die Jazz-Klänge, die Romy Camerun im Hintergrund am Klavier spielt. Herr im Ring ist Till Wonka als Chef-Zyniker des Abends – auf seiner Brust prangt in großen Lettern das Wort „Hure“.
Dies ist das passende Setting für einen Abend, den Dirk Pilz in der Frankfurter Rundschau treffend als „seelenlos“ bezeichnete. Auch an schwächeren Gorki-Abenden ist normalerweise eine besondere Energie zu spüren. Diese Inszenierung von Mirko Borscht bleibt aber matt und ohne Feuer. Das Einzige, was glimmt und lodert, sind die Feuerzeuge des Ensembles, die sich penetrant eine Zigarette nach der anderen anzünden und ihren ekelerregenden, stinkenden Zigarettenqualm in den Zuschauerraum ziehen lassen.
Merkwürdig ist an diesem Abend auch, dass vorab in den Publikationen des Hauses ein Text von Ayham Majid Agha, der am Gorki bereits in „The Situation“ zu erleben war und das „Exil Ensemble“ des Hauses leitet, veröffentlicht wurde, an den im Verlauf des Stücks nicht angeknüpft wird. Der syrische Regisseur, Autor und Schauspieler schreibt darin über seine Auseinandersetzung mit Müllers 1979 erschienenem Text, den er bis vor kurzem, als er auch auf Arabisch übersetzt wurde, nur vom Hörensagen kannte. „Der Auftrag schien für mich geschrieben worden zu sein“, dachte Agha zu Beginn des Aufstands gegen Assad im Jahr 2011. Er berichtet darüber, dass er versuchte, Heiner Müllers Stück im April 2012 mit einer Videokamera aufzunehmen, und mit der Witwe Brigitte Maria Mayer an einer Dokumentation arbeitet. Es wäre interessant gewesen, darüber mehr zu erfahren. In der Berliner Inszenierung kommt der Syrer aber nicht über eine Statistenrolle hinaus.
Bild: Esra Rotthoff
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