Niemand

Die Tristesse eines Mietshauses. Mittendrin der an Krücken humpelnde Pfandleiher Fürchtegott Lehmann (Marcel Kohler), der alle anderen Bewohner als seine Schuldner in der Hand hat.

Dies ist die Ausgangssituation der „Tragödie in sieben Bildern“, die der damals noch völlig unbekannte, erst 23jährige Ödon von Horváth im Jahr 1924 unter dem Titel „Niemand“ geschrieben hat. Seine Themen sind schon klar erkennbar: die Angst vor der Arbeitslosigkeit, die sich in den kommenden Jahren zu einem massenhaften Problem auswuchs, das Abgleiten in die Prostitution, die Brutalität, mit der die Figuren sich das Leben gegenseitig schwer machen.

Regisseur Dušan David Parízek schrieb im Programmheft zur Deutschen Erstaufführung, die er an den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin inszenierte: „Es geht um Vorurteile und Ängste, von denen auch Horváths Niemade getrieben sind, die es in ihrem Mietshaus kaum mit sich selbst aushalten, geschweige denn miteinander.“ 2016 tauchte der Text auf und wurde im Wiener Theater in der Josefstadt zu Beginn dieser Spielzeit uraufgeführt.

„Niemand“ fehlt noch die Präzision und Reife seiner späteren Werke „Geschichten aus dem Wiener Wald“, „Glaube Liebe Hoffnung“ und „Kasimir und Karoline“, die ihn berühmt und zu einem bis heute gespielten Autor machten. Als kleine Exkurse wurde dieses Fremdtextmaterial  von Parízek eingebaut.

Die Schauspielerinnen und Schauspieler (Marcel Kohler, Franziska Machens, Wiebke Mollenhauer, Elias Arens und Lisa Hrdina aus dem DT-Ensemble sowie die ehemaligen DT-Ensemble-Mitglieder Frank Seppeler und Henning Vogt, die als Gäste zurückkehrten) haben mit dem unfertigen Text zu kämpfen. Stille Momente, lange Pausen und Melancholie dominieren diesen Abend. Für willkommene Abwechslung sorgt deshalb Franziska Machens als schnoddrige Prostituierte Gilda, die ihrer Freundin Ursula (Wiebke Mollenhauer) in einer komischen Dialekt-Szene Nachhilfe gibt, wie sie bei den Männern am besten ankommt und Mitleid erregt, und auch im Zusammenspiel mit den Lehmann-Brüdern (Marcel Kohler und Frank Seppeler) einige Pointen setzt.

Diese Ausgrabung eines Horváth-Textes ist vor allem für Literatur- und Theaterwissenschaftler interessant und schleppt sich zu matt und zäh ihrem absehbar düsteren Ende (Wiebke Mollenhauers Ursula verlassen auf der schwarzen Bühne) entgegen.

„Niemand“ hatte am 25. März in den Kammerspielen des Deutschen Theaters Premiere. Weitere Informationen und Termine

Bild: Arno Declair

 

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