The Visitors

Großen Jubel gab es für das „The Visitors“-Ensemble, das Constanza Macras aus einigen Stammkräften ihrer DorkyPark-Compagnie, Performern und Tänzern vom The Windybrow Arts Centre, Johannesburg und vor allem Kindern und Jugendlichen aus sozialen Projekten im Stadtteil Hillbrow zusammenstellte, mit denen sie schon 2018/19 am Gorki Theater mit Hillbrowfication einen Überraschungshit landete.

Von Constanza Macras ist man es gewohnt, dass sie mit den Genres spielt, munter kleine Monologe, Popkultur, Songs und Tanzstile mixt, die oft nur lose um Motive kreisen und Revue-Charakter haben. An diesem bewährten Rezept hält sie fest, legt aber noch ein paar Schippen drauf, so dass die Berliner Kritik von Kulturradio bis Tagesspiegel stöhnte, wie überfrachtet das alles sei.

Den Auftakt macht eine kurze Spielszene aus Julio Cortázars Erzählung „Das besetzte Haus“, die Macras mit Berichten über Gentrifizierungs- und Entfremdungsprozesse und soziologischen Schnipseln assoziativ kurzschließt. Von Gilles Deleuze und seinem „Anti-Ödipus“ geht es in die Welt der B-Movies und Slasher-Filme. Verfolgungsjagden und Axtmorde werden als Groteske re-enacted, Kino-Hits wie Halloween oder Nope werden zitiert.

Die Zombies und Monster aus dem Kino, die die Kinder bedrängen, weichen im zweiten Teil des 1 Stunde 45 Minuten langen Abends mehr und mehr den politischen Fehlentwicklungen, die das Leben der Jugendlichen im Würgegriff halten. Von Spätfolgen der Apartheid über die hohe Gewaltkriminalität bis zu Korruption werden viele Probleme der südafrikanischen Gesellschaft sehr plastisch aufgezeigt. Was als munteres Filme-Raten begann, wird zur Polit-Musical-Revue.

Es ist eine Leistung, dass Constanza Macras all die Themen, die sie in dem Abend unterbringt, nicht um die Ohren fliegen. Dramaturgisch könnte manches schlüssiger verknüpft sein, einige assoziative Gedankensprünge drohen die Revue aus der Kurve zu tragen. Aber am Ende fügt sich dieser wilde Genre-Mix zu einem Panorama der aktuelle Probleme der jungen Performer*innen und ist überzeugender als die letzten Volksbühnen-Produktionen The Future und Drama, die stärker um die Kunst- und Popkulturblase kreisten.

Nach einer mitreißenden Schlusschoreographie des gesamten Ensembles sprang ein großer Teil des Publikums von den Sitzen auf. Nach der Premiere in Johannesburg und einem Ruhrtriennale-Gastspiel waren „The Visitors“ vom 22.-24. September 2023 an der Volksbühne zu sehen, von 27.-30. September folgen noch Auftritte auf Kampnagel in Hamburg.

Bilder: Manuel Osterholt

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