Die Affäre Rue de Lourcine

Seit mehr als zwei Jahrzehnten inszeniert Jan Bosse an denRic großen Häusern im deutschsprachigen Raum, in Berlin ist er fast eben so lange präsent, zunächst am Gorki Theater von Armin Petras, später am Deutschen Theater von Uli Khuon. Sein Metier sind vor allem die Komödien: Wolfram Koch und Uli Matthes sind als traurige Clowns im „Endspiel“ von Samuel Beckett seit 2007 im DT-Repertoire und traten dort auch zufällig parallel zur heutigen Premiere auf.

Bosses Komödien sind im besten Fall pralles Unterhaltungstheater wie sein Post-Lockdown-Oper-Spaß „Tartuffe oder Das Schwein der Weisen“ vor dem DT oder kraftvolles Startheater wie „Richard III.“ mit seinem Stammspieler Wolfram Koch. Schwächere Arbeiten wie sein DT-Abschied mit „Der Sturm“ geraten zu slapstickhaft.

Mit der Schaubühne am Lehniner Platz hat er nun ein neues Haus in Berlin. Dort stellte er sich 2021 mit Christian Krachts „Eurotrash“ vor und inszenierte nun sein zweites Stück, die Boulevard-Farce „Die Affäre Rue de Lourcine“ von Eugène Labiche. Dieses Stück ist das mit Abstand bekannteste Werk des französischen Dramatikers, der Mitte des 19. Jahrhunderts wie am Fließband Salonkomödien produzierte. Eine Renaissance erlebte diese Komödie durch die Neuübersetzung von Elfriede Jelinek, die Klaus-Michael Grüber im Juni 1988 mit Udo Samel und Peter Simonischek in der Schaubühne am Lehniner Platz inszenierte.

Ebendort ließ nun auch Bosse die bekannte Farce über den Filmriss von zwei ehemaligen Klassenkameraden, die nach durchzechter Nacht völlig verkatert aufwachen und glauben, eine Kohlenhändlern in der Rue de Lourcine ermordet zu haben. Dafür sprechen alle Indizien, aber am Ende ist die bürgerliche Welt doch wieder im Lot. Bosse und seine beiden Hauptdarsteller Damir Avdic (Mistingue) und Herbert Fritsch-Schüler Bastian Reiber (Lenglumé) inszenieren den 90 Minuten kurzen Abend sehr körperlich, mit viel Slapstick und drastischem Humor. Es wird viel gezappelt und gekotzt, die feinere Klinge, die Karin Henkel und Anita Vulesica in ihrer DT-Inszenierung von 2016 beherrschten, kommt in dieser Inszenierung, die am 3. März 2024 in Saal A der Schaubühne Premiere hatte, zu kurz.

Bild: Fabian Schellhorn

 

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