Einen Abend für Opern-Aficionados bietet Iris Laufenberg als letzte Premiere ihrer ersten Spielzeit am DT Berlin. Genau genommen ist es keine Premiere, sondern „nur“ eine Berlin-Premiere. Bereits im März 2018 kam der Puppentheater-Abend „Böhm“ am Schauspielhaus Graz heraus, das Laufenberg damals leitete. Er ist eine der wenigen Übernahmen ins Berliner Repertoire.
Je größer die Leidenschaft und je tiefer die Kenntnis der Operngeschichte, desto größer vermutlich das Vergnügen an Paulus Hochgatterers Text, den Nikolaus Habjan (unter Mitarbeit von Martina Gredler) inszenierte und als Solist mit seinen Puppen performt. Die großen Namen der männlichen Diven am Dirigentenpult fliegen dem Theaterpublikum in hoher Schlagzahl um die Ohren: die Furtwänglers, die Karajans, die Celibidaches und manche mehr, vor allem aber natürlich Karl Böhm.
Seine Puppe grantelt sich durch den knapp 100minütigen Abend, attackiert die ach so unfähigen Orchester-Musiker und natürlich auch das zu spät kommende oder an den aus Maestros Sicht falschen Stellen lachende Publikum. In Rückblenden erzählt ein pflegebedürftiger Mann der kleinen Schwester seines migrantischen Pflegers die Stationen von Böhms Karriere: die Anfänge in Graz, wo er ebenso wie Habjan geboren und aufgewachsen ist, über die Kollaboration mit den Nazis an der Dresdner Semperoper bis zu den Protesten, die seine Intendanz der Wiener Staatsoper beendeten. Ob es sich bei der Puppe um den dement gewordenen Stardirigenten oder einen leidenschaftlichen Fan handelt, überlässt Habjan – wie er im Programmheft-Interview erklärt – ganz bewusst der Phantasie des Publikums.
Ebenso oft wie mit der häufigen Irritation über die Identität seiner zentralen Puppe spielt Habjan auch mit diversen Dialekten (Sächsisch, Steirisch, Wienerisch), was den Abend auch für jene zum Vergnügen macht, die sich in der Welt der Oper nicht ganz so heimisch fühlen.
„Böhm“, das am kommenden Wochenende und dann wieder in der nächsten Spielzeit am DT zu sehen sein wird, ist kein so großer Wurf wie „F. Zawrel – Erbbiologisch und sozial minderweitig“, mit dem Habjan vor mehr als zehn Jahren bekannt wurde und das seit Februar ebenfalls im Berliner Repertoire zu sehen ist. An Habjans Puppenspiel, das auf den großen Sprechtheater-Bühnen sonst meist nur ein Nischendasein fristet, kann man dennoch auch hier seine Freude haben.
Bild: Thomas Aurin