Mit schwerer Kost eröffnete das Internationale Literaturfestival Berlin im Haus der Festspiele: Ulrich Matthes, Aushängeschild des Deutschen Theaters Berlin, las aus Olaf Kühls Übersetzung von „Kälte“. Der polnische Autor Szczepan Twardoch beschreibt darin das Grauen von Totalitarismus und Krieg. Die Folter im Gulag wird in den kurzen Passagen, die Matthes vorträgt, minutiös beschrieben.
Die Feuilletons lobten den Roman, als er im Frühjahr bei Rowohlt in der deutschen Ausgabe erschien, vor allem wegen seiner raffinierten Struktur mit zwei Erzählern und seinem Spiel mit den Genres Abenteuer-Story und Polit-Drama. Die einstündigen Teaser aus Lesung von Ausschnitten und Gesprächs-Sequenzen, die das Literaturfestival traditionell bietet, kann zwangsläufig nur einen kleinen Einblick in das Werk geben. Wie komplex die Struktur tatsächlich sein mag, erschließt sich erst, wenn man das Buch selbst liest.
Die Brutalität des Gulag ist aber sicher kein heiteres Lesevergnügen für einen Sommerabend. Eine interessante Randnotiz aus den Roman-Besprechungen ist, dass sich der Autor Twardoch auch als politischer Aktivist betätigt und laut NZZ regelmäßig Drohnen an die ukrainische Front liefert.
Bild: Jacek Poremba