Sehr explizit ist die „Batty Bwoy“-Performance von Harald Beharie. Nackt wirbelt, tanzt und kriecht der norwegisch-jamaikanische Performer über die kleine Hochzeitssaal-Bühne im dritten Stock der Sophiensaele und stellt seinen Körper in all seiner Verletzlichkeit aus.
Bei voller Beleuchtung konfrontiert er das Publikum mit seiner Nacktheit. Wie in den Begleittexten zu lesen war, geht es ihm um eine selbstbewusste Wiederaneignung diskriminierter schwarzer, queerer Körper. Wie ein Hund kriecht er an den Rändern der Spielfläche entlang und bietet seine Körperöffnung zu gründlicher Inspektion. Das demütigende Szenario wird zum Empowerment, zunehmend selbstbewusster sucht er den Blickkontakt zum Publikum, anfangs noch unterwürfig auf Knien, später Auge in Auge.
War die Performance anfangs noch ganz stumm, so domininiert in der zweiten, selbstbewussteren Hälfte Prog-Rock, zu dem er auch mal mit Anlauf über das Grüppchen springt, das den Mut hatte, auf der Spielfläche Platz zu nehmen.
Die Grundidee der Performance ist klar, dramaturgisch ist sie aber noch nicht recht ausgefeilt und hat kaum einen Spannungsbogen, der über die komplette Stunde tragen könnte. Früh machte sich ein Störer bemerkbar, der über die Langeweile der anfangs minimalistischen Bewegungen schimpfte. Am interessantesten war, wie Harald Beharie auf diesen „Lieblings-Zuschauer“ reagierte: als er auf einer Runde wieder bei ihm ankam, schleuderte er ihm das Klebeband seiner Perücke vor die Füße. Als der Störer und seine Begleiterin die Performance verließen, tat Beharie so, als er ob er ihm nachsetzen würde.
Nach der heutigen letzten Berliner Gastspiel-Vorstellung in den Sophiensaelen wird die in Norwegen mit einer „Hedda“ ausgezeichnete und für den nationalen Dance Critics Award nominierte Performance am 6./7.12. beim Nordwind-Festival auf Kampnagel zu sehen sein. Dort stellt Beharie auch seinen theoretischen Ansatz in einer Lecture vor.
Bilder: Julie Hrncirova