Zu den seltener gespielten Ibsen-Dramen zählt der „Baumeister Solness“. Eine der letzten größeren Inszenierungen dieses Stoffs stammt noch aus Frank Castorfs Volksbühnen-Zeit und mündete 2014-2017 in einen Henry Hübchen-Voodoo-Puppen-Exorzismus.
Mit dem Rückenwind ihrer 2023 zum Theatertreffen eingeladenen „Nora“-Inszenierung machte sich nun Felicitas Brucker an diesen Stoff. Das Setting ist sehr ähnlich: wieder hat Viva Schudt alptraumhafte Bühnenkulissen aufgetürmt und wieder hat Gerhild Steinbuch Wut-Monologe in das Ibsen-Drama hineinmontiert.
Thomas Schmauser und Katharina Bach spielen das von den Dämonen ihrer Vergangenheit heimgesuchte Ehepaar Solness. In sehr konzentrierten, leider stellenweise zu verqualmten 90 Minuten erleben wir die Kammerspiel-Fassung des Zusammenbruchs einer Familie und des jähen Absturzes eines Patriarchen. Erfreulich zurückgenommen ist Katharina Bach, die sich nach den Solo-Schrei-Exzessen als „Nora“ diesmal mit der Rolle der traumatisierten Mutter zweier verunglückter Kinder bruchlos ins Ensemble einfügt. Queere Akzente setzen die Münchner Kammerspiele mit der Cross-Gender/Drag-Besetzung der Kaja mit Konstantin Schumann, der als Buchhalterin von Solness mit ihm flirtet und zugleich die Verlobte seines jungen Mitarbeiters Ragnar (Elias Krischke) ist.
Treibende Kraft für den Untergang ist das plötzliche Auftreten der Hilde Wangel, die von Annika Neugart gespielt wird, die nach dem Abschluss an der Otto Falckenberg-Schule ins Ensemble wechselte und nach der Vorstellung den Protest gegen Kürzungen im Münchner Kulturetat verlas. Ein Déjà-vu-Erlebnis nach den gerade beschlossenen, noch härterern Einschnitten in Berlin.
Fotos: Gabriela Neeb