Auch im hohen Alter ist Elfriede Jelinek hochproduktiv. In schneller Schlagzahl veröffentlicht sie neue Textflächen. Auf „Sonne/Luft“ folgte im April 2024 die Uraufführung von „Asche“ an den Münchner Kammerspielen.
Der Text bildet den Abschluss einer Trilogie über den Verlust der Lebensgrundlagen: Thomas Schmauser kugelt als überhitzte Erde durch das Krankenzimmer und ruft um Hilfe, dass er dringend eine Abkühlung braucht. Das Ärzte-Team (Bernardo Arias Porras/Katharina Bach) zuckt nur mit den Schultern und murmelt ein paar Beschwichtigungs-Phrasen, während sie am Krankenbett der doppelten Erzählerin (Svetlana Belesova/Ulrike Willenbacher) stehen.
So eindeutig wie diese böse Zuspitzung des aktuellen Klimawandel-Diskurses sind die restlichen 105 Minuten bei weitem nicht. Die Gedanken der Literaturnobelpreisträgerin kreisen um christliche und antike Mythen, als roter Faden lässt sich eine dystopische Untergangsstimmung ausmachen. Die Erde wurde von den Menschen an den Rand ihrer Kräfte gebracht, eine Neuschöpfung ohne die „bösen Gäste“ ist notwendig.
Was ohnehin als assoziativer Mahlstrom schon schwer zugänglich ist, wird von Uraufführungs-Regisseur Falk Richter, Videokünstler Lion Bischof und Sounddesigner Matthias Grübel von einem Overkill an Bildern und wummernden Klängen überlagert.
Selten kommt der Abend zur Ruhe, dann hat er aber seine stärksten Momente: Ulrike Willenbacher taucht regelmäßig als Alter ego der Autorin auf, beklagt den Verfallsprozess ihres Körpers und den Tod ihres Ehemanns Gottfried, ihrem engsten Vertrauten, mit dem sie sich in den vergangenen Jahren sehr vom öffentlichen Leben abgeschottet hat.
„Asche“ wurde am 26. April 2024 in den Münchner Kammerspielen uraufgeführt. Im Januar 2025 wird sich Jette Steckel am Thalia Theater (Gaußstraße) an diesen sperrigen Text wagen.
Bilder: Maurice Korbel