Was für ein Jahr liegt hinter uns. Allein der 6. November 2024 würde Stoff für ein komplettes Programm bieten. Deutschland wachte mit dem befürchteten Comeback von Donald Trump auf und ging nach dem Showdown im Kanzleramt mit einer wundgeriebenen, geplatzten Ampel ins Bett.
Natürlich ließen es sich fast alle wichtigen Protagonisten nicht nehmen, auch dieses Jahr wieder persönlich zum kabarettistischen Rückblick zu erscheinen. Wie üblich fanden die ersten Vorstellungen schon im Advent im Mehringhoftheater statt, bevor es nach dem Jahreswechsel in der Komödie am Kurfüstendamm weiterging. Da diese traditionsreiche Bühne immer noch im baustellenbedingten Interim festhängt, mussten sich das Publikum und die prominenten Gäste diesmal an den nordwestlichen Rand von Berlin aufmachen. Im Ernst Reuter-Saal neben dem Rathaus Reinickendorf fand die Show diesmal statt, die trotz Schnee und Eis am Sonntag sehr gut besucht war.
Der prominenteste Gast durfte natürlich eröffnen: Donald Trump (parodiert von Hannes Heesch) eröffnete den Abend, sein unvermeidlicher Begleiter Elon Musk gesellte sich dazu. Robert Habeck (ebenfalls Heesch) umarmte das Publikum verbal, bevor er in den kurzen Winter-Wahlkampf aufbrach. Zur Einstimmung durfte er mit Sparringspartner Markus Söder (Christoph Jungmann) üben und sich zur Bildungsmisere duellieren.
Etwas ruhiger lässt es mittlerweile Angela Merkel angehen. Jahrzehntelang stemmte sie die Doppelbelastung aus Politik und Jahresrückblick-Moderation. In der zweiten Hälfte des aktuellen Programms schneite die ehemalige Gastgeberin (wieder Jungmann) herein und plauderte sich durch die unveröffentlichten Kapitel ihrer Memoiren. Aus erster Hand erfuhren wir, wie es im Januar 2002 beim Frühstück von Wolfratshausen mit Edmund Stoiber wirklich war.
Eine weitere Konstante im Programm ist, dass es auch beim kabarettistischen Jahresrückblick 2024 wieder einen gelungenen Mix aus bissigem politischem Kabarett, musikalischen Beobachtungen aus dem Kreuzberger Biotop (Manfred Maurenbrecher am Klavier) und skurrile Alltags-Verwirrungs-Geschichten (Bov Bjerg und Horst Evers) gab. Noch schlimmeres Chaos als in Berlin, das mit BER-Pannen und Wahl-Desaster wahrlich leidgeprüft ist, gibt es in Stuttgart, dessen umkämpfter Bahnhofs-Neubau immer teurer wird und den Talkessel zur Dauer-Baustelle macht.
Ein besonderes Highlight ist jedes Jahr das Medley, das in einem Rundumschlag zum Abschluss mehrere Themen kurz antippt und durch den Kakao zieht. Diesmal verneigte sich das Jahresendzeit-Programm-Team vor dem kürzlich verstorbenen Frank Farian und dichtete seine Ohrwürmer um.
Noch bis zum kommenden Sonntag, 12. Januar, ist das Kabarett-Programm in Reinickendorf zu sehen, sofern man bereits Karten hat oder Restkarten ergattern kann.
Bild: David Baltzer