Konsequent aus der Perspektive der Sport-Redaktion des US-Senders ABC drehte der Schweizer Regisseur Tim Fehlbaum sein Zeitgeschichtsdrama „September 5 – The Day Terror Went Live“.

Mit Olympia in München 1972 wollte die junge Bundesrepublik ihr freundliches, weltoffenes Gesicht zeigen: eine Woche lang gingen Bilder von heiteren Spielen um die Welt. Die 20. Olympischen Sommerspiele zählt kurz nach der Mondlandung zu den ersten Großereignissen, bei dem Millionen weltweit live und in Farbe mitfieberten.

Fehlbaums auf 90 packende Minuten kompromiertes Drama beginnt mit den Sendereoutinen und Diskussionen, welcher der Parallelwettkämpfe wohl publikumsträchtiger ist, als der Frühdienst in der Redaktion von Schüssen aufgeschreckt wird. Dank Dolmetscherin Marianne Gebhardt (Leonie Benesch), der einzigen fiktiven Figur in diesem Dokudrama, finden sie schnell heraus, dass die Schüsse im Olympischen Dorf fielen und palästinensische Terroristen mehrere Athleten und Trainer aus Israel als Geiseln genommen haben.

Durch die Brille der Sportreporter, die sich plötzlich in einem Polit-Verbrechen vor ihrer Container/Studio-Tür wiederfanden, erzählt der Film von der Überforderung der deutschen Behörden, die zum tödlichen Fiasko für das israelische Olympia-Team wurde. Er verhandelt aber auch die zentrale Frage, wie schmal der Grat ist, auf dem die TV-Leute balancierten. Sie waren mehr als nur Beobachter: sie boten dem Terror die für damalige Verhältnisse größtmögliche Bühne und trugen die Balkon-Auftritte der Terroristen in ihren Sturmmasken um die Welt, die so zu ikonischen Bildern werden konnten. Mindestens ebenso gravierend: in Echtzeit konnten die Terroristen auf ihrem Bildschirm mitverfolgen, wie sich die Polizei zu einer Rettungsaktion annäherte, die somit vereitelt wurde. In einer der dramatischsten Szenen des Films stürmte die Polizei die Redaktion und forderte, die Kameras sofort abzuschalten.

„September 5“ hatte im Spätsommer 2024 als Eröffnungsfilm der Sektion Orizzonti Extra in Venedig Premiere und lief auf diversen weiteren Festivals von Telluride über Denver (Auszeichnung für Ben Chaplin als bester Schauspieler) bis Zürich. Am 5. Januar war „September 5“ in der Kategorie „Bestes Drama“ für einen Golden Globe nominiert, ging aber leer aus. Gleich danach startete der Film am 9. Januar 2025 in den deutschen Kinos.

Bilder: Constantin Verleih

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