InterEuroVision

An eine Kuriosität europäischer Musikgeschichte erinnert das queere Boys* in Sync-Kollektiv. Während des Prager Frühlings wurde der Intervision Song Contest als Gegenmodell zum Eurovision Song Contest entwickelt und in mehreren tschechoslowakischen Städten ausgetragen.

Das multinationale Ensemble spielt mit viel Camp und Selbstironie die Show nach, die 1968 in Karlovy Vary stattfand. Gesangseinlagen und Anmoderationen werden reenactet und karikiert, zwischendurch auch etwas Kontext mitgeliefert. Beim Autor*innentheatertage-Gastspiel in der stickig-überhitzten Box des DT Berlin liefern Boys* in Sync sommerliches Party- und Gute Laune-Theater.

Wir erfahren zum Beispiel, dass Karel Gott, als „Die goldene Stimme von Prag“ verehrter Schlager-Star, an beiden Wettbewerben teilnahm. 1968 gewann er den Intervision Song Contest für die CSSR, im selben Jahr trat er beim Eurovision Song Contest für Österreich mit einer Komposition von Udo Jürgens an.  Eine weitere interessante Fußnote ist, dass Wladimir Putin kurz nach der Premiere dieser „InterEuroVision“, die im Januar 2025 in der Residenz des Schauspiels Leipzig als Koproduktion mit der Kaserne Basel stattfand, beschloss, das alte Format im September 2025 wiederzubeleben. Zu dekadent und queer findet er den ESC, dem er ein Schlagerfestival nach seinem Geschmack entgegen setzen will.

Hier gäbe es somit einige Anknüpfungspunkte für Weiterentwicklungen des 90minütigen Abends, mit denen die Show an Format und Tiefgang gewinnen würde.

Bild: Rolf Arnold

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