Caracas, eine Liebe

Mit diesem Sieger hatte wohl kaum jemand gerechnet: der Goldene Löwe des Filmfestivals von Venedig ging im September 2015 an einen Debütfilm aus Venezuela: „Caracas, eine Liebe“ (im Original: Desde Allá) von Lorenzo Vigas.

Der Film nimmt sich sehr viel Zeit und konzentriert sich ganz auf seine beiden Hauptfiguren: Erstens auf den einsamen Zahntechniker Armando, der durch die ärmeren Viertel der Hauptstadt streunt, sich an junge Männer heranpirscht und sie in seine Wohnung lockt. Er bietet Ihnen Geld dafür, nackt vor ihm zu posieren. Diese Rolle spielt der Chilene Alfredo Castro (bekannt aus Filmen von Pablo Larraín wie „No!“ und „El Club“). Die zweite Hauptfigur ist der kleinkriminelle Elder (Luis Silva), der sich weigert, sich auszuziehen und Armando stattdessen mit einem Aschenbecher niederstreckt und ausraubt.

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Die ganze Umgebung ist nur schemenhaft wahrzunehmen, die Bilder werden unscharf, sobald die Kamera von den beiden Protagonisten wegschwenkt. Dieses Schemenhafte prägt die gesamte Erzählstrategie des Regisseurs Vigas und seines Drehbuchautors Guillermo Arriaga: die psychologischen Motive der Figuren bleiben im Dunkeln. Klar ist, dass sie miteinander um Nähe und Distanz ringen. Die meisten Aktionen und Reaktionen kommen ziemlich unvermittelt und sind für den Zuschauer oft nicht ganz nachvollziehbar.

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Diffus und nur in Andeutungen bleiben auch die Vater-Sohn-Konflikte, von denen beide Männer geprägt wurden.

Dem Regie-Debütanten Vigas gelingt mit seinem erfahrenen mexikanischen Drehbuchautor Arriaga („21 Gramm“, „Babel“) ein stiller Film. Nach „Pelo Malo“ setzt Venezuela auf der Karte des Weltkinos einen zweiten Akzent.

Den Hauptpreis von Venedig hätten andere Filme allerdings eher verdient gehabt als der Überraschungssieger „Caracas, eine Liebe“. Einen stärkeren Eindruck hinterließ z.B. „El Clan“ des Argentiniers Pablo Trapero, der 2015 in Venedig mit dem Silbernen Löwen für die Beste Regie ausgezeichnet wurde und bereits im März 2016 in den deutschen Kinos lief.

Homepage und Trailer von „Caracas, eine Liebe“. Kinostart: 30. Juni 2016

Bilder: Alexandra Bas

©Alexandra Bas

 

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