Datscha

Ihre Tschechow-Überschreibung „Sistas“ im 3. Stock der Volksbühne war nicht nur ein wilder Ritt durch aktuelle Diskurse um Cancel Culture, Diskriminierung und Repräsentation, sondern der Überraschungshit der Saison 2022/23.

Zwei Jahre später machen sich Isabelle Redfern (Regie und eine der Performerinnen) und ihr MamaNoSing-Team zur Sophiensaele-Eröffnung an eine weitere Überschreibung eines russischen Klassikers. Mit Maxim Gorkis „Sommergäste“ wollen sie die Kluft zwischen aus der Metropole in den Speckgürtel Gezogenen und Einheimischen, zwischen emotional verwahrlosten Wohlstands-Girlies und den frustrierten AfD-Wählern ausloten.

Die Erwartungen waren hoch und auch die Theatertreffen-Jury reiste in Vollbesetzung an, um sich ein Bild zu machen, ob das Erfolgsrezept wieder aufgeht. Das Bühnenbild von Lani Tran-Duc aus Weiden und Lianen grüßt als ironische Reminiszenz an den legendären Birkenwald an Peter Steins Schaubühne. Launig geht es auch weiter: die Frauen werfen sich in Mackerposen toxischer Männlichkeit und machen sich über ihre reichen Männer lustig, die ihnen ein Leben ohne finanzielle Sorgen ermöglichen, ihnen ansonsten aber auf den Geist gehen.

Nach diesem Intro bleibt die Grundstimmung unterspannt. Dieses und jenes Thema wird angetippt, viel Material ausgebreitet, aber kaum etwas vertieft. Dazwischen gibt es immer wieder Choreographien zu einem Rolling Stones-Klassiker wie „You can´t always get what you want“ oder dem Udo Jürgen-Ohrwurm „Griechischer Wein“. 80 Minuten lang gibt es etwas Comedy und Kabarett, ein paar Wortgefechte und Figuren in der Sommerfrische, die ähnlich wenig mit sich anzufangen wissen wie ihre Vorfahren aus dem kanonischen Gorki-Stück von 1904.

Bild: Greta Markurt

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