Eine Portion Volksbühnen-Exzess brachte Lilith Stangenberg, regelmäßiger Gast am Schauspielhaus Hamburg, zum Abschluss von Karin Beiers/Roland Schimmelpfennigs Antiken-Marathon mit. Ihre Antigone ist eine vor Eifer Glühende, am Rande des Irrsinns entlang Taumelnde, die ihrem Gegenspieler Kreon (Ernst Stötzner) die bekannten Argumente des Sophokles entgegenschleudert, dass sie sich göttlichem Recht verpflichtet fühlt, und im nächsten Moment Spaghetti in sich hineinschlingt.
Tragödie und Komödie liegen in Roland Schimmelpfennigs Antiken-Marathon, den er zu Beginn der vergangenen Spielzeit mit der regieführenden Intendantin Karin Beier stemmte, eng beisammen. In diesem letzten Teil ist dies ganz besonders der Fall.
Stangenberg ist das Zentrum des Abends und pflügt durch den Machtkampf, zur Ruhe und ganz zu sich kommt dieser finale Teil des Mega-Projekts erst in der vorletzten Szene: Ute Hannig spricht vorne an der Rampe die berühmten Chorsätze des Sophokles, dass nichts gewaltiger sei als der Mensch. Mit voller Wucht schleudert sie die Sätze ins Publikum. Sie sind die Quintessenz dieser aufwändigen Antiken-Befragung, die großen Teil Anteil hatte, dass das Schauspielhaus Hamburg vor wenigen Wochen zum Theater des Jahres gewählt wurde. Zum Theatertreffen war zwar nur der zweite Teil, das „Laios“-Solo von Lina Beckmann eingeladen, aber der gesamte „Anthropolis“-Marathon war in der Shortlist-Diskussion der Jury.
Bilder: Thomas Aurin