Zwei Jahre ist diese Inszenierung des Jungen DT, wie die Sparte zu Uli Khuons Zeit noch hieß, bereits alt. Ein Besuch in der Box könnte sich im Doppelpack mit der ganz neuen Solo-Performance „Pick me girls“ von Sophie Passmann am benachbarten BE lohnen.
Beide Abende beleuchten den Druck durch Schönheitsideale aus der Welt der Influencerinnen aus der Perspektive junger Frauen. Am DT hat Regisseurin Katharina Bill gemeinsam mit sieben Spielerinnen, die um die 20 Jahre jung sind, die feministische Graphic Novel „Im Spiegelsaal“ von Liv Strömquist adaptiert.
Überraschend ist der sehr unterschiedliche Zugang: während Medien-Star und Theater-Debütantin Passmann auf der großen Bühne eine lupenreine Stand Up-Comedy abliefert und dabei vor allem autobiographische/autofiktionale Momente von der H&M-Umkleide als Teenagerin bis zum Promi-Shooting verarbeitet, entwickelte das Junge DT eine mit bildungsbürgerlichen Zitaten gespickte Lecture Performance. Die Liste der prominenten Namen aus Soziologie, Kulturwissenschaft und benachbarten Disziplinen, die in diesem 90minütigen „Im Spiegelsaal“-Abend zu Wort kommen, wäre lang, wenn sie auf dem Programmzettel abgdruckt worden wäre. Zwischen all den komplexen Theorien kam es bei der gestrigen Wiederaufnahme zu einigen Texthängern der Spielerinnen.
Während Passmann sich abmühte, ihre streckenweise banalen Alltagsbeobachtungen mit Meta-Einsprengseln und Ironie feinzuschleifen, geht der DT-Nachwuchs den umgekehrten Weg und bricht die Textblöcke von und über Edmund Burke, René Girard, Eva Ilouz usw. mit spielerischen Auflockerungen, damit die Inszenierung nicht zu sehr zum Frontalunterricht gerät. Persönliche Anmerkungen der DT-Spielerinnen sind „Im Spiegelsaal“ zwar auch zu hören, treten gegenüber dem Theorie-Streifzug in den Hintergrund.
Das Spiel mit Ironie und Meta-Ebenen ist bei beiden Abenden am DT und BE erkennbar, gelingt aber nicht mit so viel Rafinesse wie z.B. in der DT jung-Inszenierung „P*rn“, zu sehr bleiben „Im Spiegelsaal“ und „Pick me Girls“ in ihren jeweiligen Genres der Lecture Performance bzw. der Stand up-Comedy verhaftet.
Bild: Arno Declair