Wiederkehrende Motive gibt es durchaus, aber eine Handlung wird man vergeblich suchen. So fasste der britische Dramatiker Martin Crimp sein Stück „Attempts on her life“ in einem Interview mit Nils Tabert (Rowohlt Theater Verlag) zusammen, als es 1998 erschien.
In der deutschen Übersetzung „Angriffe auf Anne“ geht die Ambivalenz dieses Titels verloren. Statt „Angriffen auf Anne“ erleben wir eher „Versuche“ der Annäherung an eine nebulös bleibende Figur Anne.
Crimp sammelte Miniaturen, die er zu „17 Szenarien für das Theater“ anordnete, wie der Untertitel lautet. Die Schaubühne grub den knapp dreißig Jahre alten Text in einer Übersetzung von Falk Richter und ließ ihn von Lilja Rupprecht auf seine Theatertauglichkeit abklopfen. Das Berliner Publikum kennt die Regisseurin von mehreren Inszenierungen an Uli Khuons DT und am RambaZamba Theater, an der Schaubühne nahm sie sich mit „Jeff Koons“ von Rainald Goetz im Sommer 2018 schon einmal einen sperrigen Text vor.
Die Crimp-Szenen verteilt Rupprecht auf drei Spieler*innen: die bewährten Schaubühnen-Ensemble-Mitglieder Jule Böwe und Kay Bartholomäus Schulze sowie Marcel Kohler in seiner zweiten Neuproduktion nach dem Wechsel vom DT an den Ku´damm. Sehr entschleunigte Szenen wechseln sich mit Bildgewittern (Video: Rebecca Riedel) und einer Techno-Einlage, bei der alle drei Spieler*innen rote Lack-Kleidchen tragen. Die Kostüme von Annelies Vanlaere geben dem Abend seine Schauwerte: immer wieder überrascht sie mit neuen Ausstattungs-Ideen, lässt das Ensemble in Omi-Puppen-Kostümen oder Jule Böwe als Prinzessin mit Krönchen auftreten. Schön waren auch die Gesangseinlagen von Böwe und Kohler, die von Live-Musiker Fabian Ristau begleitet wurden.
Doch all das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Miniaturen all zu beliebig wirken. Martin Crimp schrieb eine postmoderne Spielerei, die in den vergangenen drei Jahrzehnten zurecht in den Schubladen verstaubte und sich trotz der Spielfreude des Ensembles nicht für weitere Reanimierungs-Versuche empfehlen konnte.
Die Premiere von „Angriffe auf Anne“ im Globe der Schaubühne war für 30. Oktober 2024 geplant, wurde krankheitsbedingt auf 16. Februar 2025 verschoben.
Bild: Gianmarco Bresadola