Neben der pointierten Wettbewerbs-Farce „Was Marielle weiß“ ist „Hysteria“ die zweite ambitionierte Produktion der ZDF-Reihe Das kleine Fernsehspiel, die auf der Berlinale positiv überrascht.
Mehmet Akif Büyükatalays zweiter Spielfilm ist ein Hybrid aus Filmbetriebs-Satire, Diskurs-Drama und beklemmendem Paranoia-Thriller. Yigit (Serkan Kaya) und seine Lebensgefährtin/Produzentin Lilith (Nicolette Krebitz) möchten einen Film über den rechtsextremen Terror von Solingen 1993 für das linksliberale Arthouse-Publikum drehen. Damit auch alles möglichst echt wirkt, schicken sie Asylbewerber, die aus einer nahegelegenen Unterkunft herangekarrt werden, ans brennende Film-Set. Die Männer empören sich, als sie einen Koran finden, der in Flammen aufgeht.
Zum einen will „Hysteria“ die Debatten rund um Migration und Integration aufspießen, die voller Projektionen geführt werden. Der zweite Handlungsstrang entwickelt sich, als Praktikantin Elif (Devrim Lingnau) die Filmrollen in die Wohnung des Filmemacher-Paares bringen soll, bei denen sie während des Drehs unterkam. Drohungen der Asylbewerber, die Zerstörung des Korans bei den Fördermittel-Gebern anzuschwärzen, ein verlorener Schlüsselbund, mysteriöse Anrufe und ein Netz aus Lügen und Halbwahrheiten führen dazu, dass sich alle Beteiligten noch tiefer in den Fallstricken des Film-Projekts verheddern.
Sechs Jahre nach seinem 2019 in der mittlerweile eingestellten Berlinale-Reihe Perspektive Deutsches Kino prämierten Debüt „Oray“ wurde Mehmet Akif Büyükatalay mit seinem sehenswerten zweiten Film wieder zum Festival eingeladen.
Bild: filmfaust