Zwei Choreographinnen, die die Tanzszene in den vergangenen Jahrzehnten weit über Berlin hinaus prägten, zeigen in diesem Frühjahr Wiederaufnahmen oder Neufassungen von Werken, die am Anfang ihrer Karriere standen.
Vergangene Woche war „Back to the Present“ von Constanza Macras aus dem Jahr 2003 in einer Neufassung an der Volksbühne zu erleben, an diesem Wochenende nimmt Sasha Waltz ihr noch zehn Jahre älteres Stück „Travelogue I – Twenty to eight“ im Radialsystem V wieder auf, das vor einem Monat auch schon in den Sophiensaelen zu sehen war.
Noch eine unerwartete Parallele gibt es zwischen den beiden Tanz-Abenden: wer bislang nur die neueren Arbeiten von Sasha Waltz kennt, wird über den gravierenden stilistischen Wandel überrascht sein. Während ihre neueren Arbeiten oft durch eine klassische Eleganz bestechen und bildstark mit Mythen und kanonischen Stoffen spielen, ist ihr Frühwerk von Slapstick und jugendlicher Lässigkeit geprägt. Eine interessante Parallele der Waltz- und Macras-Revivals ist der häufige Einsatz klappernder Türen, wie man sie sonst nur aus der Boulevard-Komödie kennt.
In der Enge einer WG geraten die Tänzer*innen von „Travelogue I“ aneinander, aus der Ur-Besetzung, bei der Sasha Waltz noch selbst mittanzte, die 1993 in Koproduktion mit dem Grand Theatre Groningen und dem Künstlerhaus Bethanien entwickelt wurde, ist nur noch Takako Suzuki auf der Bühne zu erleben. Ihr Nähmaschinen-Slapstick zählt zu den Momenten, die von diesem 70 Minuten kurzen Stück am stärksten in Erinnerung bleiben.
Ästhetisch kommt der Abend kaum über eine Slapstick-Revue hinaus. „Travelogue“ ist deshalb vor allem als Relikt aus der Aufbruchstimmung Berlins gleich nach dem Mauerfall tanz- und zeithistorisch interessant.
Ganz zum Schluss kam dann auch Sasha Waltz mit auf die Bühne. Gemeinsam mit ihrer Compagnie hob sie ein Protest-Banner gegen diec Kürzungen hoch, die auf ihre Arbeit bittere Auswirkungen haben. Vor einigen Monaten wurde bekanntgegeben, dass es in diesem Jahr wegen des Spardrucks leider keine Neuproduktion von Sasha Waltz geben kann.
„Travelogue I“ ist noch bis 6.4.2025 im Radialsystem V zu sehen, anschließend im Theater Pumpenhaus Münster.
Bilder: Sebastian Bolesch