Keine haut so schnell in die Tasten wie Elfriede Jelinek. Kurz nach der Wiederwahl von Donald Trump stellte die Literaturnobelpreisträgerin den Text „Endsieg“ auf ihre Website, in dem sie die Wählerschaft des 45. und 47. US-Präsidenten aufs Korn nimmt. All die gewohnten Kalauer und Wortverdrehungen inklusive.
Ähnlich schnell war das Schauspielhaus Hamburg, amtierendes Theater des Jahres und mit zwei Produktionen beim Theatertreffen vertreten. Falk Richter brachte schon am 6. Dezember 2024 nach nur zwei Wochen Probenzeit einen 90minütigen Abend auf die Bühne, der ausdrücklich keine Uraufführung sein will, sondern eine „Erstpräsentation des Textes“. Die Messlatte lag hoch: immerhin gelang Richter mit der „Am Königsweg“-Uraufführung, des ersten Trump-Texts von Jelinek, die Inszenierung des Jahres 2018.
Natürlich ist manches noch skizzenhaft, aber insgesamt ist „Endsieg“ schon erstaunlich nah an einem fertigen Theaterabend. Im gewohnten Falk Richter-Stil erleben wir Politik-Comedy, TikTok-Bilderrausch, viel Folk-Musik, Jahresrückblick, schöne Soli des hervorragenden Ensembles und auch noch eine von Frank Willens angeleitete Mitmach-Aktion. Wer im Publikum kann so ungelenk tanzen wie Trump bei seinen Wahlkampf-Show-Auftritten zu YMCA?
Mit Dornenkorne und im Jesus-Look wird Mirco Kreibich zu einer messianischen Lichtgestalt, in schneller Folge wechseln sich Jelinek-O-Ton, Musik-Lagerfeuer-Nummern zur Klampfe und Schnipsel aus der AfD zur Remigration. Das ist eine unterhaltsame, rasante Montage.
100 Tage nach der Inauguration von Trump geht das Hase und Igel-Spiel weiter: mit dem atemraubenden Tempo, in dem der Präsident seine Disruptions-Pläne umsetzt, der halben Welt den Zollkrieg erklärt, der Ukraine die Kapitulation abverlangt und von Deal-Ankündigung zu Deal-Ankündigung hetzt, kann dann nicht mal mehr Elfriede Jelinek mithalten. Vieles aus ihrem Text wirkt schon wieder überholt. Aber wahrscheinlich brütet auch Jelinek längst schon wieder über der Tastatur.
Bilder: Thomas Aurin