Dieser Abschluss-Inszenierung der 10er Auswahl des Theatertreffens eilte schon seit Monaten ein Ruf voraus. Scharenweise flieht das Publikum des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden aus Ersan Mondtags „Double Serpent“, mit dem Dorothea Hartmann und Beate Heine im vergangenen Sommer ihre Intendanz antraten.
Dieser massive Publikumsschwund wiederholte sich auch während der beiden Vorstellungen im Haus der Berliner Festspiele: genervte Zuschauer zwängten sich durch die Reihen und versperrten das Blickfeld auf Alexander Naumanns Bühne, deren Albtraum-Setting zwischen Giftgrün und Modergrau mäanderte.
„Double Serpent“ ist mehr bildende Kunst/Installation als lebendiges Theater, von Minute eins an tut die Inszenierung nach Kräften alles, das Publikum auf Distanz zu halten. Nach längerer Pause feierte Ersan Mondtag mit seiner vierten Theatertreffen-Einladung (2016/2017/2019/2025) ein Comeback, die Arbeit stieß aber nur auf wenig Gegenliebe. „Double Serpent“ von Sam Max, nonbinäre*r Theater-Autor*in aus New York, schrieb eine Case Study über Missbrauch, Traumata und toxische Beziehungen, die in demonstrativ lähmenden Zeitlupen-Bewegungen vorgetragen wurde.
Zäh und unergiebig war auch das Nachtgespräch am frühen Sonntag Nachmittag zur VR-Produktion „EOL“, das sich vor weitgehend leeren Reihen in der Frage verlor, ob dies noch Theater oder doch eher Game sei.
Munterer war immerhin die Abschlussdiskussion, in der sich die turnusmäßig ausscheidenden Juror*innen in die Karten blicken ließen, einige persönliche Favoriten nannten, die knapp an der Schwelle zur 10er Auswahl strauchelten, und auch andeuteten, wie umkämpften die letzten Slots nach diesem vielstündigen Ringen um Kompromisse sind.
Insgesamt bot die Auswahl einige sehens- und bemerkenswerte Arbeiten und war bei weitem nicht so unpolitisch-selbstreferentiell wie Peter Laudenbach ihr in der SZ vorwarf.
Bild: Thomas Aurin