Barrrbie ein Puppenheim

In einer kitschig-bunten Pop-Glitzer-Welt hat sich die Barbie (Victoria Trautmannsdorff) scheinbar gemütlich eingerichtet. Doch die zombiehaft-künstlichen Bewegungen und die Monotonie machen klar: diese perfekte Puppenstube ist in Wahrheit ein Albtraum.

Im ersten Akt von „Barrrbie ein Puppenheim“ buchstabiert Emre Akal gemeinsam mit Lara Roßwag (Bühne) und dem Künstlerduo Mehmet & Kazim (Digitale Bühne/Video) diese Kunstkulisse in sediertem Zeitlupen-Tempo aus. Diese poppige Barbie-Horror-Welt speist sich aus einer ähnlichen Ästhetik wie Ersan Mondtags Wiesbadener „Double Serpent“: absolute Künstlichkeit und bis auf ein Minimum heruntergefahrene Bewegungsmuster erzeugen eine Zombie-Parallelwelt.

Die Theatertreffen-Jury hatte beide Arbeiten in der Diskussion und entschied sich dafür, nur Mondtags „Double Serpent“ einzuladen. Nachvollziehbar, da die Wiesbadener Inszenierung wesentlich radikaler ist, keinen Ausweg aus dem toxischen Horror erlaubt und so hermetisch bleibt, dass sie riskiert, das Publikum vor den Kopf zu stoßen und in Scharen zum Ausgang zu treiben.

Einen anderen Weg gehen Akal und sein Team auf der Nebenspielstätte des Thalia Theaters in der Gaußstraße: In den folgenden Akten, die durch Kurzauftritte von Mädchen unter Pappmaché-Köpfen von einander getrennt sind, biegt der 90 Minuten kurze Abend von der Barbie-Welt in den Ibsen-Naturalismus des 19. Jahrhunderts ein. Die Nebenfiguren sind nur noch leicht verfremdet und auch Barbie besteht darauf, nun als Nora angesprochen zu werden.

Im letzten Akt sind alle poppigen Kostüme und Ausstattungs-Accessoires einer nüchternen Sachlichkeit gewichen. Beim Abendessen teilt Nora ihrem Mann (Oliver Mallison) mit, dass sie ihn und die vor dem Fernseher geparkten Kinder verlassen wird. Alles Betteln hilft nicht, Nora hat den knalligen Barbie-Püppchen-Look schon gegen ihr klassisch-graues Business-Outfit getauscht, bereit zum Aufbruch in ihr neues Leben.

Akals Barbie/Ibsen-Verschnitt ist schlüssig gedacht, sägt in seiner Künstlichkeit über weite Strecken aber ebenso an den Nerven wie ähnliche Konzeptkunst-Inszenierungen an der Schnittstelle zwischen Bildender Kunst/Installation und Schauspiel.

„Barrrbie ein Puppenheim“ hatte am 18. Oktober 2024 in der Thalia Gaußstraße Premiere und steht bis zum Ende der Intendanz von Joachim Lux nur noch einmal am 4. Juni 2025 auf dem Spielplan.

Bilder: Sandra Then

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