Drei Diven des Burgtheater-Ensembles werfen sich in schrill überzeichnete Karikaturen: Birgit Minichmayr (als Paula Wessely), Mavie Hörbiger (als ihr Großvater Paul Hörbiger) und Caroline Peters (Attila Hörbiger) spielen Ikonen der Geschichte des Hauses, die in Österreich heldenhaft verehrt wurden.
Daraus könnte ein Schauspielfest erster Güte werden, doch leider kommt Milo Raus Reenactment von Elfriede Jelineks Skandalstück „Burgtheater“ über weite Strecken nicht über Klamauk hinaus. In einer Kunstsprache hat Jelinek 1981 ihre Abrechnung mit der NS-Verstrickung der Theater-Ikonen verfasst: zu einer Zeit, als die Republik Österreich offensichtlich für diese provokative Auseinandersetzung mit den dunklen Seiten der Geschichte nicht bereit war. Als „Nestbeschmutzerin“ wurde sie beschimpft und jahrelang angefeidet, zog sich mehr und mehr ins Private zurück. Vier Jahrzehnte nach der Uraufführung in Bonn gab die Literaturnobelpreisträgerin ihr Frühwerk für eine Inszenierung von Wiener Festwochen-Intendant Milo Rau frei.
Das Potenzial, das diese Starbesetzung hätte, blitzt selten auf. Etwa in der Mitte des Abends spielt Minichmayr eine zentrale Szene von Paula Wessely aus „Heimkehr“, einem besonders perfiden NS-Propaganda-Film von Gustav Ucicky aus dem Jahr 1941. Mit herzergreifender Rührseligkeit trifft Minichmayr den Ton der Vorlage sehr präzise. Leider störte eine besonders hohle Nuss mit bis zum Anschlag erleuchtetem Smartphone-Display diesen stillen Moment in dunkler Lichtregie. Er fiel bereits in den 15 Minuten davor unangenehm auf, da er alle dreißig Sekunden wieder nach seinem Gerät griff, tippte und wischte, bevor er mit seinem Buddy endlich den Saal verließ.
Wie von Milo Rau gewohnt, bleibt es nicht bei der Nazi-Karikatur. Auch der für diesen Abend dringend benötigte Kontext wird mitgeliefert. Eine im Prinzip gute Idee. Diese zwischen die Jelinek-Farce geschalteten Metatheater-Szenen sind aber so sprunghaft und ohne überzeugende Dramaturgie angeordnet, dass ein Nachtkritik-Pseudonym über einen „Kessel Buntes“ schimpfte. Ein Podcast-Team (Safira Robens/Tilman Tuppy) taucht als Side-Kicks auf, die Ungarin Annamária Láng und der Israeli Itay Tiran machen sich über den gescheiterten Versuch des Vorgänger-Intendanten Martin Kušej lustig, ein multinationales, diverses Burgtheater-Ensemble zu bauen, letzterer reflektiert über den Hamas-Terror vom 7. Oktober 2023 und den aktuellen Krieg in Gaza, verknüpft es mit einem „Shylock“-Auftritt von Werner Krauß in den 1940er Jahren. Assoziativ cruist die „Burgtheater“-Inszenierung durch die traditionsreiche Geschichte und weltpolitische Konflikte, kommt aber nicht über Schnipsel hinaus.
„Burgtheater“ hatte am 19. Mai 2025 ebenda als Koproduktion mit den Wiener Festwochen Premiere.
Bilder: Tommy Hetzel