Der Lügenprinz

Bemerkenswert ist die A-Besetzung an diesem kurzen Abend auf der kleinsten Spielstätte des Berliner Ensembles: Constanze Becker und Paul Herwig spielen üblicherweise Hauptrollen im Großen Haus und Amelie Willberg ist der Shootingstar in Oliver Reeses Team.

Gespannt durfte man sein, was Lucia Wunsch, eine der beiden WORX-Stipendiatinnen im aktuellen Jahrgang des BE-Nachwuchsprogramms, mit diesem tollen Trio auf die Beine stellt. Ein surrealer Blick auf Klassiker interessiert sie, erzählte sie im Programmheft-Interview.

Für ihre erste Arbeit nahm sie sich Henrik Ibsens „Peer Gynt“ vor, eine nordische „Faust“-Saga, die alle Genres sprengt. Hannah Zufall hat ein Best of der bekanntesten Motive und Sätze herausdestilliert. Lose aneinandergereiht tauchen der Knopfgießer, die geschälte Zwiebel oder die Warnung der Mutter, dass Peer am Ende wieder bei sich selbst ankommen werde.

Dramaturgisch ist der 50 Minuten kurze Abend dünn, kommt nicht über eine Aneinanderreihung der aus ihrem Kontext gerissenen Miniaturen hinaus. Vielversprechend ist Katja Pechs Bühne: immer wieder neu faltet sich das Häuschen, aus dem das Trio herauskommt und in dem es verschwindet. Ständig ist diese Raumkonstruktion in Bewegung, neue Winkel und Zimmer entstehen. Dieses Bühnenbild ist die vierte Hauptdarstellerin in der surrealen Nummernrevue „Der Lügenprinz“ frei nach Ibsen, es hätte aber noch immersiver ins Spiel einbezogen werden können.

Manche herausragende WORX-Arbeiten wie „Hedda“ schaffen den Sprung ins größere Neue Haus und bleiben im Repertoire des BE. „Der Lügenprinz“, der am 18. Dezember 2024 Premiere hatte, ist jedoch zu sehr Fingerübung, so dass gestern bei der traditionellen Werkschau des WORX-Jahrgangs schon die Dernière anstand.

Eine gute Nachricht ist, dass private Mäzene die Fortführung der WORX-Reihe sicherstellten. Im 4. Jahrgang werden sich Jules Head mit Genderfluidität und Marie Schwesinger mit dokumentarischem Theater zu Rechtsextremismus befassen.

Bilder: Moritz Haase

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert