Aus der Not geboren ist diese Eröffnungs-Performance der zweiten Auflage des „Performing Exiles“-Festivals, das Matthias Lilienthal für die Berliner Festspiele kuratiert.
Mohammad Rasoulof, einer der interessantesten, politisch subversivsten Filmemacher Irans, war lange auf dem Radar des Regimes. Sein achter Film „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ konnte nur heimlich gedreht werden, wurde jedoch zu einem der stärksten Filme des vergangenen Jahrs. In Cannes wurde er bei der Premiere lange gefeiert und mit dem Spezial-Preis der Jury ausgezeichnet, Deutschland, wo er mittlerweile Zuflucht gefunden hat, reichte ihn als Oscar-Nominierung ein.
Zuflucht brauchten nach diesem Film auch drei junge Frauen, die als Töchter eines regimetreuen Beamten und deren Freundin wichtige Rollen übernahmen: Niousha Akhshi, Mahsa Rostami und Setareh Maleki sind nach Berlin geflohen und suchen auf dem Mietmarkt, der dank so vieler politischer Fehlentscheidungen und der Gier ausländischer Investoren verwüstet ist, eine Wohnnung. Um die Auflagen der Behörden zu erfüllen und eine Beschäftigung vorzuweisen, entwickelte Rasoulof die Idee eines Theaterstücks, in dem Flucht und Exil thematisiert werden, obwohl er zuletzt als Jugendlicher Theater gemacht und sich für die Filmwelt entschieden hat.
Der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani brachte Rasoulof mit Matthias Lilienthal zusammen, der die Dramatugie von „Destination: Origin“ übernahm und neben den Lessingtagen am Hamburger Thalia, die er bis zu seiner Volksbühnen-Intendanz leitet, mit dem Nationaltheater Mannheim, dem Düsseldorfer Schauspielhaus und dem Theater an der Ruhr weitere Koproduzenten ins Boot.
Aus dieser Not geboren entstand eine kleine Performance für die schwer zu bespielende Seitenbühne im Haus der Berliner Festspiele, die sich durchaus sehen lassen kann. In assoziativen Miniaturen deutet das exilranische Trio, das von der deutsch-amerikanischen Ernst Busch-Absolventin Eli Riccardi verstärkt wird, die Unterdrückung im iranischen Regime an. Schlingen werden um Hälse gelegt, mit Fußfesseln werden schwere Brocken über die Bühne gezerrt.
Neben kleinen Songs und komödiantischen Auflockerungen durchbricht ein Monolog die ansonsten stumme Performance. Auf Farsi mit englischen Übertiteln, die in den vorderen Reihen nur mit Verrenkungen zu lesen sind, erzählen die Performerinnen von der Angst beim Ausreise-Versuch nach Istanbul, vom Einziehen des Passes am Flughafen, von der Flucht über die Berge und vom schwierigen Ankommen in der Fremde.
Irgendwo zwischen Skizze und ausgefeiltem Abend steckt derzeit „Destination: Origin“. Vielleicht werden wir an der Volksbühne unter Lilienthals Leitung eine neue, das Thema noch intensiver auslotende Version erleben.
Bild: Fabian Schellhorn