Wasteland: Peter Pan

Düster und zutiefst pessimistisch war schon das Eröffnungs-Wochenende am Deutschen Theater Berlin. Mit „Wasteland: Peter Pan“ ging das DT noch zwei Schritte konsequent weiter auf diesem Weg. „Alle müssen sterben“, raunt Natali Seelig zu Beginn. In den kommenden 70 Minuten gibt es zwar manchen Comic Relief-Slapstick, für den vor allem Lenz Moretti als zottelig-greisenhafte Version von „Peter Pan“ sorgt.

Doch der Grundton dieser vom Live-Musik-Duo Rahel Hutter und Niklas Kraft begleiteten Inszenierung bleibt atonales Moll. Wie schon in Alexander Eisenachs T.C:Boyle-Adaption „Blue Skies“ dreht sich die Bühne (diesmal von Katharin Frosch) erbarmungslos und monoton, während wir zombiehaften Figuren zusehen, wie sie in ihren Albträumen feststecken. Der Regisseur sprang gemeinsam mit seinem Assistenten Jan Jordan ein, als kurz vor der Premiere Jessica Weißkirchen das Handtuch warf. „Private Gründe“ gab das DT hierfür an. Schade, denn ihr DT-Debüt mit „Edward II. – Die Liebe bin ich“ war ein fulminanter Box-Abend in SM-Ästhetik zu Beginn der vergangenen Spielzeit.

Das Ensemble machte auch ohne Regisseurin weiter und brachte den Abend als kollektive Arbeit unter künstlerischer Leitung von Alexander Eisenach und Jan Jordan heraus, wie es nun offiziell hieß. Den kurzen, assoziativ aneinandergereihten Splittern ist anzumerken, dass wir nur eine Notlösung erleben.

Wohin die Reise ursprünglich gehen sollte, ist in den Programmheft-Texten noch zu erahnen: dem Team schwebte eine Umdeutung des Peter Pan-Mythos vor, den Walt Disney zu einer familienfreundlichen Figur weichspülte, wie Filmkritiker Daniel Kothenschulte in seinem Einführungsvortrag andeutete, der jedoch auch so fahrig und skizzenhaft blieb wie die Inszenierung. Patty Kim Hamilton, eine der DT-Atelier-Autorinnen des vergangenen Jahres, wollte der tragischen Biographie von J.M.Barrie, dem Autor der Peter Pan-Buchvorlage, in einer Stücküberschreibung nachspüren. Von diesem ursprünglichen Plan ist aber nur ein kleines Fragment auf der Bühne zu erleben. Stattdessen springen die 70 Minuten zwischen dem Peter Pan-Stoff und der Übersetzung eines der rätselhaftesten Gedichte des 20. Jahrhunderts, „Waste Land/Ödes Land“ von T.S. Eliot hin und her.

In diesem Steinbruch gibt es ein paar wenige Fundstücke: Natali Seelig und Lorena Handschin haben tieftraurige Monologe über ungeliebte Kinder, das Leitmotiv des Abends, letztere hat auch noch ein schönes Klavier/Gesangs-Solo mit „I can never go home anymore“ von den Shangri-Las.

Ansonsten sind die 70 Minuten zu dünn. Anzuerkennen ist, dass das Ensemble in gemeinsamer Kraftanstrengung noch eine szenische Collage auf die Bühne gebracht und verhindert hat, dass das Projekt ganz platzte.

Bilder: Jasmin Schuller

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert