Mit Spannung wurde das Theater-Debüt der kurdisch-österreichischen Regisseurin erwartet. Mit ihrem Debütfilm „Sonne“ trumpfte sie vor drei Jahren auf der Berlinale auf, im vergangenen Jahr legte sie „Mond“ mit Florentina Holzinger nach.
Für ihren Theater-Erstling suchte sie sich gleich ein besonders schwer zu bespielendes Haus aus: die trichterförmig ansteigenden Ränge der Volksbühne am Rosa Luxemburg-Platz erfordern schon einiges an Wumms und ließen manchen Shooting-Star schrumpfen, wenn die performative Kraft fehlte.
So leider auch an diesem Abend bei der inhaltlich zu wirren feministischen Farce über eine islamische, sexpositive Märchen-Königin aus 1001 Nacht, die jede Nacht männliches Frischfleisch braucht, das sie nach dem Akt von der Riesen-Spinne, die sich regelmäßig auf die Bühne herabsenkt, auffressen lässt.
Diese Spinne und auch der Tanzchor SC Motion*s, der sich mit Anspielungen auf orientalische und SM-Ästhetik immer wieder zu kleinen Intermezzi oder Background-Untermalung meldet, verleihen Kurdwin Ayubs Inszenierung einige Schauwerte. Aus der vielversprechenden Grundidee hätte ein mit Gender-Konventionen und Islam-Projektionen spielendes, satirisches Fantasy-Spektakel werden können, aber Ayub (Text und Regie) verlor sich in einer zähen Aneinanderreihung von Szenen.
Die Rapperin addeN in ihrem sehr knappen Outfit (Kostüme: Nina von Mechow), das den male gaze in bewusster Ironie auf die Spitze treibt, wirkt in der Hauptrolle als Königin Aliah/Weiße Witwe in puncto Sprechtechnik und Artikulation überfordert und ist dementsprechend oft schwer zu verstehen. Ebenso wie sie bleiben auch Gast-Star Georg Friedrich als sprichwörtlicher „Alter weißer Mann“ und Benny Claesens als die Vorgänge kommentierender Eunuch reine Stereotype.
Dem knapp 100 Minuten kurzen Abend fehlen jedoch Stringenz und Tempo. Am interessantesten an Ayubs „Weiße Witwe“ sind die vermutlich autobiographischen Einsprengsel von Lebensweisheiten, die ein namenloser deutscher Filmkurator einer Regisseurin mit Migrationshintergrund mit auf den Weg gab. Hier brach sich der „Alte Weiße Mann“ in Reinkultur Bahn.
Nach der Valentinstag-Premiere in der Volksbühne am Rosa Luxemburg-Platz wird die Inszenierung auch im Juni bei den Wiener Festwochen im dortigen Volkstheater zu sehen sein.
Überraschend wurde die Produktion trotz sehr negativer Presse-Resonanz außerdem zum Festival Radikal jung ans Münchner Volkstheater im April 2025 eingeladen.
Bild: © Apollonia T. Bitzan