Heroes

Oliver Reese versucht regelmäßig bekannte, aber doch überraschende Namen in sein Berliner Ensemble zu holen, die neue Zielgruppen erschließen. Alexander Scheer, von Leander Haußmann 1999 in der „Sonnenallee“ fürs Kino entdeckt, ab den 2000er Jahren ein wesentlicher Pfeiler von Frank Castorfs krafttraubenden Volksbühnen-Insenierungen, macht sich in den vergangenen Jahren rar auf der Bühne. Eine Ausnahme war 2018 seine Hauptrolle im David Bowie-Musical „Lazarus“ am Schauspielhaus Hamburg.

Mit David Bowie köderte Reese Scheer nun auch für sein Haus: Gemeinsam mit Steffen Sünkel, Dramaturg am BE zu Claus Peymanns Zeit, entwickelte Scheer die musikalisch-literarische Revue „Heroes“ als Hommage an die britische Rocklegende, die einige Jahre in West-Berlin lebte.

Natürlich singt Scheer das Best-of der Bowie-Hits und natürlich lockert er den knapp 90minütigen Abend mit allerlei Anekdoten auf, z.B. über Bowies Logen-Besuche bei Brecht-Inszenierungen am BE in den späten 1970ern und anschließend im Ganymed. Im ADHS-Modus, wie er selbstironisch einwirft, springt Scheer von einer Geschichte zum nächsten Thema und landet vor allem immer wieder bei Büchern, die Leseratte Bowie prägten. Wir erfahren, dass er sich auf Tour immer eine voluminöse Privatbibliothek hinterher schicken ließ. Diese große Schrankwand wurde laut Scheers Zwischenmoderation auch aus der Schweiz hergeschafft und ist auf der Bühne zu bewundern.

BERLINER ENSEMBLE: „Heroes“ Alexander Scheer singt David Bowie

Zwischen all den Songs streut Scheer kurze Schnipsel aus Büchern von Alfred Döblin, Anthony Burgess, Christa Wolf, Dante Aligheri oder James Baldwin ein, die Bowie auf seiner langen Leseliste hatte. Meist steht das nebeneinander, manchmal gibt es Querverbindungen, z.B. erfahren wir, dass das Delphin-Motiv in der „Heroes“-Hymne von 1977 wohl auf einen Abenteuer-Schmöker zurückgeht.

Die kurzweilige Revue bietet genau das, was das Publikum erwartet, nämlich einen gut gelaunten, stimmgewaltigen Entertainer und eine Hommage an sein Idol. Überraschungen gibt es nicht. Erst recht überrascht es nicht, dass die nächsten Vorstellungen bis Mai zu Oliver Reeses Freude restlos ausverkauft sind.

Bilder: Just Loomis

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